Gott erhalte den König!--Will niemand sagen, Amen? Bin ich Priester und Küster zugleich? Wol dann, Amen! Gott erhalte den König, ob ich's gleich nicht bin, und auch Amen! Wenn der Himmel mich dafür erkennt. Was für Dienste fordert man von mir, daß man nach mir geschikt hat?
York. Eine Handlung deines eignen freyen Willens, wozu du, der Majestät überdrüßig, dich selbst erboten hast, die Übergabe deines Staats und deiner Crone.
König Richard. Gebt mir die Crone--hier, Vetter, nimm die Crone, hier auf dieser Seite, meine Hand; und auf dieser deine. Izt ist diese goldne Crone wie ein tiefer Brunnen mit zween Kübeln, wovon einer den andern füllt; der leere tanzt immer in der Luft, indem der andre in der Tiefe, ungesehn und voll Wassers ist; dieser erniedrigte und mit Thränen angefüllte Kübel bin ich, der nun seinen Kummer wie Wasser in sich schluken muß, indeß daß ihr in die Höhe steigt.
Bolingbroke. Ich dachte, ihr wäret willig, die Crone niederzulegen?
König Richard. Die Crone, ja; aber doch bleibt mein Schmerz mein, ihr könnt mich meiner Majestät und meines Staats entsezen, aber nicht meiner Schmerzen; darüber bleib ich immer König.
Bolingbroke. Seyd ihr's zufrieden, die Crone zu übergeben?
König Richard. Ja, nein--Nein, ja,--Denn ich muß nichts seyn--also nein, nein; denn ich übergebe sie dir. Nun, gebt acht wie ich mich selbst vernichte; ich gebe diese schwere Bürde von meinem Haupte weg, diesen unbehülflichen Scepter aus meiner Hand, und den Stolz der Königs-Würde aus meinem Herzen; mit meinen eignen Thränen wasch ich meine Salbung weg; mit meinen eignen Händen geb ich meine Crone von mir; mit meiner eignen Zunge verläugne ich meinen geheiligten Stand, und mit meinem eignen Athem entlasse ich alle ihrer mir geschwornen Pflichten. Ich verschwöre alle Majestät und Hoheit, ich vergesse alle meine Domainen, Renten und Einkünfte, ich vernichte alle meine Handlungen, Edicte und Verordnungen. Gott verzeihe alle die Eidschwüre, die an mir gebrochen werden! Gott erhalte alle diejenigen ungebrochen, die dir gethan werden. Mögest du lange leben, um auf Richards Stuhl zu sizen, und Richard bald im Grabe Ruhe finden. Gott erhalte den König Heinrich, sagt der entkönigte Richard, und sende ihm viele Jahre von glüklichen Tagen!-- Was ist noch mehr zu thun?
Northumberland. Nichts mehr, als daß ihr diese Anklagen und dieses Verzeichniß von abscheulichen Verbrechen leset, die von euch selbst und euern Anhängern gegen den Staat und das Beste dieses Landes begangen worden; damit durch euer Geständniß alle Welt überzeugt werde, daß ihr mit Recht entsezt worden seyd.
König Richard. Muß ich das thun? muß ich das Gewebe meiner Thorheiten Faden vor Faden ausfäseln? Lieber Northumberland, wenn deine Sünden alle aufgeschrieben wären, würdest du nicht beschämt seyn, sie in einer so schönen Gesellschaft abzulesen? Thätest du es, du würdest einen scheuslichen Artikel, die Absezung eines Königs, darinn finden, den gewaltthätigen Bruch eines geheiligten Eides, mit einem Strich der Verdammniß im Buch des Himmels bezeichnet. O, ihr alle die ihr hier steht und mich anseht, wie mein Unglük mich nöthigt, mich selbst aufzureiben, wenn gleich einige von euch wie Pilatus ihre Hände mit heuchlerischen Thränen waschen; so seyd ihr's dennoch, ihr Pilatusse, die mich hier zu meinem bittern Creuz ausliefern, und Wasser kan eure Sünde nicht abwaschen.
Northumberland. Milord, beschleunigst euch, überleset diese Artikel.
König Richard. Meine Augen sind voll Thränen; ich kan nicht sehen, und doch blendet ihr Salz-Wasser sie nicht so sehr daß ich nicht einen Pak Verräther hier beysammen sehe. Doch was sag ich? ich bin selbst ein Verräther wie die übrigen; denn ich habe die Einwilligung meiner Seele zur Entsezung eines Königs gegeben; ich habe die Majestät entweiht, und einen Monarchen zu einem Sclaven gemacht; ich bin ein Verräther!
Northumberland. Milord--
König Richard. Kein Lord von dir, du hohnsprechender Mann, niemands Lord; ich habe keinen Namen, keinen Titel mehr; nein, sogar der Name der mir über dem Taufstein gegeben wurde, ist usurpirt.