Wenn ja eine Plage über uns hängt, so ist es er; ich wollte zu Gott, Milords, daß er gefunden würde. Fragt zu London in den Weinschenken nach ihm, denn dort sagt man, hält er sich täglich in Gesellschaft zügelloser lüderlicher Leute auf, sogar mit solchen, die in holen Wegen lauren und die Reisenden berauben, indeß daß der junge ausgelassene Bube eine Ehre darinn sucht, eine so schändliche Rotte zu beschüzen.

Percy. Gnädigster Herr, es sind etwann zween Tage, daß ich den Prinzen sah, und ihm von den Ritterspielen zu Oxford erzählte.

Bolingbroke. Und was antwortete der Busch-Klöpfer?

Percy. Er sagte, er wolle in ein Bordel, und der gemeinsten Meze einen Handschuh abziehen, ihn ihr zu Ehren auf den Hut steken, und damit den herzhaftesten Ritter aus dem Sattel heben.

Bolingbroke. So lüderlich als wild; und doch seh' ich durch beydes einige Funken von Hoffnung schimmern, welche mit zunehmenden Jahren glüklich ausschlagen mögen. Aber wer kommt hier? (Aumerle zu den Vorigen.)

Aumerle. Wo ist der König?

Bolingbroke. Was hat unser Vetter, daß er so starr und wild aussieht?

Aumerle. Gott erhalte Euer Majestät. Ich bitte euch, etliche Augenblike mit Euer Majestät allein sprechen zu dürfen.

Bolingbroke. Entfernet euch, und laßt uns hier allein; was ist dann nun die Sache, Vetter?

Aumerle (kniend.) Auf ewig mögen meine Knie in die Erde wachsen, und meine Zunge an meinen Gaumen, oder Euer Majestät ertheile mir Gnade, eh ich rede!

Bolingbroke. Was ist dein Fehler, vorgesezt, oder würklich begangen? Wenn nur das erste, so groß er seyn mag, so vergeb' ich ihn dir, um deine künftige Liebe zu gewinnen.

Aumerle. So erlaubet mir, Gnädigster Herr, daß ich den Schlüssel umdrehen darf, damit niemand herein komme, bis meine Erzählung zu ende ist.

Bolingbroke. Das magst du.

York (hinter der Scene.) Gnädigster Herr, nehmt euch in Acht, seht euch vor, ihr habt einen Verräther bey euch.

Bolingbroke (zu Aumerle.) Nichtswürdiger, ich will bald mit dir fertig seyn--

Aumerle. Halt deine rächende Hand zurük, du hast keine Ursache zu fürchten.

York. Mach die Thür auf, sichrer, unbesonnener König; öffne die Thür, oder ich werde sie einstossen.

Siebende Scene. (York zu den Vorigen.)

Bolingbroke. Was giebt es, mein Oheim? Sprich, komm erst zu Athem; sag uns, wie nah ist die Gefahr, damit wir uns waffnen können, ihr entgegen zu gehen?

York. Überlies diese Schrift, so wirst du die Verrätherey kennen, von der ich, athemloß wie ich bin, noch nicht reden kan.

Aumerle. Erinnre dich, indem du liesest, deines gegebnen Versprechens. Es reuet mich, lies meinen Namen nicht, mein Herz ist kein Bundsgenosse meiner Hand.

York. Nichtswürdiger, dein Herz war ein Verräther, eh deine Hand es war-- ich riß es aus des Verräthers Busen, König. Furcht, nicht Liebe zeugt seine Reue; habe kein Mitleiden mit ihm, oder dein Mitleiden möchte eine Schlange werden, und dein Herz durchstechen.

Bolingbroke. O grauliche, verwegne und mächtige Verschwörung! O rechtschaffner Vater eines verrätherischen Sohns, du reine, unbeflekte Silberquelle, aus welcher dieser Strom durch sumpfige Örter geflossen, und so sich selbst verunreinigt hat. Der Überfluß deiner Verdienste soll diesen tödtlichen Fleken von deinem verbrecherischen Sohn abwaschen.

York. So würde meine Tugend die Kupplerin seines Lasters seyn; und wie verschwendrische Söhne ihrer kargen Väter Gold, so würde er durch seine schändliche Thaten meine Ehre verprassen.* Meine Ehre lebt nur, wenn seine Schande stirbt; du tödtest mich, du tödtest den rechtschaffnen Mann, wenn du den Verräther leben lässest.

{ed.-* Von hier bis zur 9ten Scene lauter Reime im Original.}

Die Herzogin (hinter der Scene.) O! Gnädigster Herr, um Gottes willen, laßt mich ein.

Bolingbroke. Was für ein hellstimmiger Supplicant macht dieses ängstliche Geschrey?

Herzogin. Ein Weib, und deine Tante, grosser König, ich bin's. O lasset mich vor, habet Mitleiden mit mir, laßt die Thür öffnen. Eine Bettlerin bettelt, die zuvor noch nie gebettelt hat.

William Shakespeare
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