Herzog. Das glaube ich, daß ihr gerne davon gehen möchtet. Einen Stadtbedienten, ins Gefängnis mit ihr. Sollten wir gestatten, daß eine Person die uns so nahe ist, ungestraft so ärgerlich angeschmizt werden dürfte? Das muß nothwendig eine angestellte Sache seyn. Wer weiß mit von euerm Vorhaben und Hieherkommen?

Isabella. Einer den ich gerne hieher wünschen möchte, der Pater Ludewig.

Herzog. Ein Ordensmann, wie es scheint; wer kennt diesen Ludewig?

Lucio. Gnädigster Herr, ich kenn' ihn; es ist ein Mönch, der seine Nase in alles stekt, ich kan ihn nicht leiden; wär er ein Lay gewesen, Gnädigster Herr, ich wollte ihn wegen einiger Reden, die er wider Euer Durchlaucht, in Dero Abwesenheit ausgestossen hat, abgeschmiert haben, daß er es gefühlt hätte.

Herzog. Reden wider mich? Das ist ein feiner Ordensmann, dem Ansehen nach; und dieses unglükliche Weibsbild wider unsern Stadthalter aufzustiften! Laßt diesen Mönchen aufsuchen.

Lucio. Erst noch in verwichner Nacht, traf ich sie und diesen Mönch im Gefängniß bey einander an; eine unverschämte Kutte, wie gesagt, ein recht boshafter Geselle.

Peter. Mit Euer Durchlaucht gnädigster Erlaubniß, ich stand dabey, und ich hörte genug um zu sehen, wie sehr euer königliches Ohr mißbraucht wird. Fürs erste; so hat dieses Weibsbild euern Stadthalter höchst frefelhafter Weise angeklagt; er ist so rein von einiger Besudlung mit ihr, als sie von einem, der noch nicht gebohren ist.

Herzog. Ich glaube auch nichts anders. Kennt ihr diesen Pater Ludewig, von dem sie spricht?

Peter. Ich kenn ihn als einen heiligen Mann; nicht boshaft, nicht fürwizig sich in zeitliche Dinge einzumischen, wie dieser Edelmann gesagt hat; und ein Mann, bey meiner Treue, der niemals, wie er vorgiebt, von Euer Durchlaucht ungebührlich gesprochen hat.

Lucio. Gnädigster Herr, auf eine ganz infame Art; glaubet mir.

Peter. Gut; er kan noch zeitig genug kommen sich zu rechtfertigen; aber in diesem Augenblik, Gnädigster Herr, ist er an einem wunderbaren Fieber krank. Bloß auf sein Bitten (da es bekannt wurde, daß hier eine Klage wieder den Freyherrn Angelo angestellt werden sollte) bin ich hieher gekommen, um aus seinem Munde zu sagen, was er von der Sache weiß, und was er, wenn er vorgeladen werden sollte, mit seinem Eyde zu bekräftigen im Stand ist. Was anforderst dieses Weibsbild betrift, so sollt ihr, zur Rechtfertigung dieses würdigen Herrn, der auf eine so öffentliche und persönliche Art von ihr beschimpft wird, hören wie sie vor euern Augen dergestalt wird überwiesen werden, daß sie es selbst wird eingestehen müssen.

Herzog. Mein guter Pater; laßt's uns hören. Lächelt ihr nicht über diese Begebenheiten, Angelo? Himmel! Was für eine Unbesonnenheit von diesen unglüklichen Thoren!--Gebt uns Size; kommt, mein Vetter Angelo; ich will an dieser Sache keinen Theil nehmen; seyd ihr Richter in eurer eignen Sache.

(Isabella wird mit einer Wache weggeführt, und Mariane tritt mit einem Schleyer bedekt auf.)

Dritte Scene.

Herzog. Ist das der Zeuge, Pater? Sie mag zuerst ihr Gesicht sehen lassen, eh sie spricht.

Mariane. Um Vergebung, Gnädigster Herr; ich lasse mein Gesicht nicht sehen, ausser mein Gemahl beföhl' es mir.

Herzog. So seyd ihr verheurathet?

Mariane. Nein, Gnädigster Herr.

Herzog. Seyd ihr ein Mädchen?

Mariane. Nein, Gnädigster Herr.

Herzog. Eine Wittwe also?

Mariane. Auch das nicht, Gnädigster Herr.

Herzog. Wie, seyd ihr denn nichts? Weder Mädchen, noch Frau, noch Wittwe?

Lucio. Gnädigster Herr, sie ist vielleicht eine Pf** Köchin--

Herzog. Macht doch diesen Kerl schweigen; ich wollte, er hätte etwas mit sich selbst zu dahlen.

Lucio. Gut, Gnädigster Herr.

Mariane. Gnädigster Herr, ich gesteh's, ich bin nie verheurathet gewesen; ich gesteh auch zugleich, daß ich kein Mädchen bin; ich habe meinen Gemahl gekannt, aber mein Gemahl weiß nicht, daß er mich jemals gekannt hat.

Lucio. So war er also betrunken, Gnädigster Herr, es kan nicht anders seyn.

Herzog. Ich wollte du wär'st es auch, so schwiegest du doch wenigstens.

William Shakespeare
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