Macbeth

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Lady. Eure Majestät hat über ihre Diener und alles was ihr ist, als über ihr Eigenthum zu befehlen; wir können nichts geben, das wir nicht von ihr empfangen hätten.

König. Gebt mir eure Hand, und führt mich zu meinem Wirth; wir lieben ihn höchlich, und was wir bisher für ihn gethan haben, ist nur ein Anfang der Beweise unsrer Huld, die wir ihm vorbehalten. Mit eurer Erlaubniß, Wirthin--

(Sie gehen ab.)

Neunte Scene. (Ein Zimmer in Macbeths Schloß.) (Hautbois, Fakeln. Verschiedene Bediente gehen mit Tellern und Speisen über den Schauplaz. Nach einer Weile erscheint Macbeth.)

Macbeth (allein.) Wenn* alles vorbey wäre, wenn es gethan ist, so wär's gut, wenn's schnell gethan würde; wenn der Meuchelmord zugleich die Folgen auffischen könnte, und dieser einzige Streich hier alles enden würde--so möchten wir Muth haben hier auf diesem Sandbank der Zeit über das künftige Leben wegzuspringen. Aber in solchen Fällen empfangen wir gemeiniglich unser Urtheil schon hier, indem wir andern einen blutigen Unterricht geben, der zulezt auf des Erfinders eignen Kopf zurük fällt. Die gleich-messende Gerechtigkeit nöthigt uns, die Hefen unsers eignen Gift-Kelchs auszutrinken--Er sollte gedoppelt sicher seyn; einmal weil ich sein Verwandter und Vasall bin, beydes starke Beweggründe gegen die That: Hernach als sein Wirth, der, anstatt den Streich selbst zu führen, die Thüre vor seinem Mörder verschliessen sollte. Überdem hat dieser Duncan so milde regiert, hat sein grosses Amt so untadelich verwaltet, daß seine Tugenden, wie Engel, mit Trompeten-Zungen tiefe Verdammniß über seine Wegraffung ausruffen werden; und Mitleiden, gleich einem nakten neugebohrnen Kind, oder wie des Himmels Cherubim, auf den unsichtbaren Rossen der Luft reitend, die entsezliche That in jedes Antliz blasen wird, bis Thränen den Wind ersäuffen--Ich habe keinen Sporn, der den Lauf meines Vorhabens treibt, als allein den Ehrgeiz, der sich selbst überspringt, und auf einen andern einstürzt--

{ed.-* Der erste Theil dieser Rede ist auch nach einer Restauration, die wir Popen zu danken haben, eine der dunkelsten in unserm Autor.}

Zehnte Scene. (Lady Macbeth tritt auf.)

Macbeth. Wie steht's? Was giebt's Neues?

Lady. Er hat beynahe abgespeist; warum habt ihr das Zimmer verlassen?

Macbeth. Fragte er nach mir?

Lady. Ich dachte, man hätt' es euch gesagt.

Macbeth. Wir wollen nicht weiter in dieser Sache gehen. Er hat mich kürzlich mit Ehren-Zeichen überhäuft; und ich habe goldne Meynungen von allen Arten von Leuten gekauft, die nun in ihrem neuesten Glanz getragen, und nicht so früh bey Seite geworfen seyn wollen.

Lady. War die Hoffnung trunken, die euch vor kurzem so entschlossen machte? Hat sie seitdem geschlaffen, und erwachte sie nun, um so bleich und grün beym Anblik dessen, was sie vorher liebte auszusehen? Wie? fürchtest du derjenige in der That zu seyn, der du zu seyn wünschest? Strebest du nach dem, was du für die Zierde des Lebens ansiehst, und willst in deinen eignen Augen als eine Memme leben?--Ich habe das Herz nicht, (armseliger Gedanke!) ob ich gleich gerne wollte; gleich der armen Kaze im Sprüchwort, (die gerne Fische fienge, wenn sie nur die Füsse nicht naß machen müßte.)

Macbeth. Ich bitte dich, halt ein. Ich habe zu allem Muth, was einem Mann anständig ist; wer mehr hat, ist keiner.

Lady. Was für ein Thier war denn das, das euch antrieb, mir die erste Eröffnung von diesem Vorhaben zu thun? Als ihr den Muth hattet es auszuführen, da war't ihr ein Mann; und wenn ihr mehr wäret was ihr waret, so würdet ihr um so viel mehr Mann seyn. Damals bot sich euch weder Zeit noch Ort an, und ihr wolltet beyde machen; sie haben sich selbst gemacht, und ihre Bereitwilligkeit schrekt euch ab--Ich habe Kinder gesäugt, und weiß wie zärtlich die Liebe zu dem Säugling ist, der an meiner Brust trinkt; aber ich wollte--ja Macbeth! indem er mich liebkosend angelächelt hätte, wollt' ich meine Warze aus seinem beinlosen Kiefer gezogen, und ihm das Hirn ausgeschlagen haben, wenn ich es so geschworen hätte, wie ihr das geschworen habt.

William Shakespeare
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