Macbeth

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Lady. Gute Nacht, allerseits.

(Die Lords gehen ab.)

Macbeth. Es will Blut haben, sagen sie; Blut will Blut haben; ich weiß Exempel, daß Steine sich gerührt, und Bäume geredt haben. Wahrsager, welche die geheimen Verhältnisse der Dinge kennen, haben schon durch Krähen und Dolen den verborgensten Mörder ans Licht gebracht--Wie weit ist die Nacht schon?

Lady. So weit, daß sie bereits mit dem Morgen streitet, wer von ihnen Nacht, und wer Morgen sey.

Macbeth. Was sagst du dazu, daß Macduff sich weigert, auf unsern Befehl zu erscheinen?

Lady. Schiktet ihr nach ihm?

Macbeth. Ich hör es vor der Hand; aber ich will nach ihm schiken; es ist kein Than unter ihnen allen, in dessen Hause ich nicht einen Bedienten in meinem Solde habe. Morgen früh will ich zu den Zauber- Schwestern; sie müssen mir mehr sagen; dann nun bin ich schon gezwungen, zu meinem Besten, durch die schlimmsten Mittel, das Ärgste zu wissen. Ich bin so tief in Blut hineingestiegen, daß wenn ich izt nicht weiter fortwatten wollte, das Zurükgehen so gefährlich wäre als jenes; ich habe wunderbare Dinge im Kopf, die meine Hand fordern, und ausgeführt werden müssen, eh sie nur vermuthet werden können.

Lady. Es mangelt euch an dem, was alle Wesen nöthig haben, an Schlaf.

Macbeth. Komm, wir wollen auch schlafen gehen; mein Fehler ist nur die Furcht eines Neulings, der durch Übung noch nicht abgehärtet ist: wir sind in solchen Thaten noch Kinder.

(Sie gehen ab.)

Sechste Scene.* (Verwandelt sich in die Heide.) (Donner und Bliz. Die drey Hexen treten auf, und begegnen der Hecate.)

(Hecate beschilt die drey Schwestern, daß sie sich eigenmächtig unterfangen, den Macbeth durch räthselhafte Vorhersagungen zu verführen, ohne sie, als ihre Vorsteherin, daran Antheil nehmen zu lassen. Sie bestellt sie hierauf auf Morgen an den Acherontischen Brunnen, und befiehlt ihnen, alle ihre Gefässe und Zauber- Materialien bereit zu halten; sie selbst, sagt sie, sey im Begriff gewisse Dünste aus dem Mond zu hohlen, durch deren magische Zubereitung sie gesonnen sey, so künstliche Phantomen vor Macbeths Augen zu bringen, daß er, zu seinem Verderben von ihnen betrogen, in tollkühner Sicherheit, sich über alle Zufälle des Glücks und den Tod selbst hinweggesezt glauben werde. Hierauf hört man eine Musik und einen Gesang. Hecate sagt, daß ihr kleiner) Spiritus familiaris (sie abruffe, und die Zauberinnen fliegen allerseits davon.)

{ed.-* Diese und die erste Scene des vierten Aufzugs sind schwehrlich in irgend eine Sprache zu übersezen. Sie würden es nicht seyn, wenn sie nicht mit dem (metro) der vierfüßigen Jamben und dem Reim, alle ihre gräßliche und hexenmäßige Anmuth verlöhren.}

Siebende Scene. (Verwandelt sich in ein Zimmer.) (Lenox und ein andrer Lord.)

Lenox. Was ich sagte, war nur, euch auf die Spur zu bringen; ihr könnt nun selbst weiter gehen--ich sage nur, die Sachen sind wunderlich gegangen. Der huldreiche Duncan wurde von Macbeth betraurt--das denk' ich wohl, er war ja todt--und der tapfre rechtschaffne Banquo reisete zu spät in der Nacht. Ihr könnt, wenn es euch so beliebt, auch sagen, Fleance hab' ihn umgebracht, denn Fleance nahm ja die Flucht: Man sollte eben nicht so spät in der Nacht reisen. Wo ist der Mensch, dem jemals der Gedank eingefallen wäre, daß Malcolm und Donalbain solche Ungeheuer seyn sollten, ihren so gütigen Vater zu ermorden? Eine verdammte That! Wie schmerzte sie nicht den ehrlichen Macbeth! Tödtete er nicht augenbliklich in frommer Wuth die beyden Thäter, die vom Wein und Schlaf überwältiget, zu Boden lagen? War das nicht edel von ihm gehandelt? Gewiß; und weislich dazu, denn wer hätte ohne Verdruß anhören können, wenn die Buben es geleugnet hätten? So daß er also, wie ich sagte, in der ganzen Sache sich sehr fein betragen hat; und ich zweifle nicht, hätte er Duncans Söhne unter seinem Schlüssel, (wie er sie, wenn uns der Himmel gnädig ist, nicht haben soll) sie sollten finden, was es auf sich hat, einen Vater zu ermorden; und so auch Fleance.

William Shakespeare
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