Macduff. Zur Regierung tauglich? Nein, nicht des Lebens werth. O unglükselige Nation! Unter dem blutigen Scepter eines unrechtmäßigen Herrschers seufzend, wenn wirst du deine glüklichen Tage wiedersehen? da der rechtmäßige Erbe deines Throns den Bann der Ausschliessung über sich selbst ausspricht und seinen geheiligten Ursprung lästert. Dein königlicher Vater war der beste König; die Königin, die dich gebahr, öfter auf ihren Knien als auf ihren Füssen, starb jeden Tag den sie lebte. O! Fahre du wohl! Diese Laster, deren du dich selbst anklagst, haben mich aus Schottland verbannt. O! Mein Herz! hier enden sich alle deine Hoffnungen!
Malcolm. Macduff, diese edle Leidenschaft, das Kind deiner Redlichkeit, hat die schwarzen Zweifel von meiner Seele gewischt, und meine Gedanken mit deiner Aufrichtigkeit und Ehre ausgesöhnt. Der teuflische Macbeth hat schon durch manche, die sich als meine Freunde verstellen mußten, mich in seine Gewalt zu bekommen gesucht: mißtrauische Klugheit war meine Sicherheit; aber Gott im Himmel sey Zeuge zwischen mir und dir, daß ich, in diesem Vertrauen, wozu du mich nunmehr gewonnen hast, mich gänzlich deiner Führung überlasse; und bey ihm schwör' ich, daß alle diese Laster und Schanden, deren ich mich selbst anklagte, ferne von mir sind. Ich habe noch kein Weib erkannt, noch nie mein Wort gebrochen, mich kaum desjenigen gelüsten lassen, was mein eigen ist, und wollt den Teufel selbst seinem Cameraden nicht verrathen; ich liebe die Wahrheit nicht weniger als mein Leben, und die erste Unwahrheit, die aus meinem Munde gegangen ist, war diese wieder mich selbst. Was ich in der That bin, steht dir und meinem armen Vaterlande zu diensten; wohin würklich, noch vor deiner Ankunft der alte Siward mit zehentausend tapfern Kriegs-Männern aufgebrochen ist. Wir wollen ihm folgen, und möge der Ausgang der Gerechtigkeit unsrer Sach' entsprechen!-- Warum schweiget ihr?
Macduff. So willkommne und so unwillkommne Dinge auf einmal sind schwehr zusammen zu reimen!
Fünfte Scene. (Ein Arzt zu den Vorigen.)
Malcolm. Gut, hernach mehr hievon!--Geht der König aus, ich bitte euch?
Arzt. Ja, Milord; es ist ein Hauffen armer Leute hier, die auf seine heilende Hand warten; ihre Krankheit macht die äussersten Versuche der Kunst zu Schanden. Aber so bald er sie berührt, (eine solche Kraft hat der Himmel seiner geheiligten Hand eingegossen,) so werden sie auf der Stelle gesund.
(Er geht ab.)
Malcolm. Ich danke euch, Doctor.
Macduff. Von was für einer Krankheit redte er?
Malcolm. Man nennt es das Übel*; es ist eine höchst wunderthätige Eigenschaft an diesem König, wovon ich, seit meinem Aufenthalt in England, schon oft ein Augenzeuge war. Wie er diese Gabe vom Himmel erbeten, weiß er selbst am besten; gewiß ist, daß er Leute, die mit seltsamen Geschwulsten und Geschwüren heimgesucht sind, (ein erbärmlicher Anblik, und die Verzweiflung der Heil-Kunst!) durch seine Berührung heilt, indem er, unter heiligen Gebeten, ein goldnes Gepräge um ihren Hals hängt: und man sagt, er werde diesen heilenden Segen allen Königen seinen Nachfolgern lassen. Ausser dieser wundervollen Heil-Kraft hat er noch die Gabe der Prophezeyung, und verschiedne andre Segnungen hangen um seinen Thron, welche beweisen, daß er ein Günstling des Himmels ist.
{ed.-* (The Evil), oder (the King's Evil) werden vorzugsweis in England die Kröpfe genannt, welche (Eduardus Confessor) durch die blosse Berührung mit seiner Hand geheilt haben soll.}
Sechste Scene. (Rosse zu den Vorigen.)
Macduff. Seht, wer hier kommt!
Malcolm. Ein Landsmann; und doch kenn' ich ihn nicht.
Macduff. Mein werther Vetter, seyd willkommen.
Malcolm. Nun kenn ich ihn. Der Himmel entferne bald die Ursachen, die uns einander fremde machen!
Rosse. Dazu sag' ich Amen, Gnädigster Herr.
Macduff. Ist Schottland noch im alten Stand?
Rosse. Ach! Unser armes Vaterland, es erschrikt vor seinem eignen Anblik! Es kan nicht mehr unsre Mutter genennt werden, sondern unser Grab; ein Land, wo allgemeiner Jammer alle Angesichter verzehrt; wo man das unwissende Wiegen-Kind allein noch lächeln sieht; wo Seufzen, Ächzen und Schreyen die Luft erfüllen, ohne mehr bemerkt zu werden, und beym Getön der Todtengloke kaum noch gefragt wird, um wen? Wo rechtschaffne Leute schneller dahin sind, als die Blumen auf ihren Hüten, und sterben, eh sie krank geworden sind.