(Sie gehen ab.)

Vierte Scene. (Verwandelt sich in eine andre Strasse vorm Schüzen.) (Othello, Jago, und Gefolge mit Fakeln.)

Jago. Ob ich gleich, seitdem ich das Kriegs-Handwerk treibe, manchen im Feld erschlagen habe, so mach' ich mir doch das grösseste Gewissen draus, einen vorsezlichen Mord zu begehen! Weniger Bedenklichkeit würde manchmal mein Vortheil seyn--Ich dachte neun- oder zehn mal, ich müßte ihm nothwendig eins unter die Ribben geben.

Othello. Es ist besser, daß du's nicht gethan hast.

Jago. Nein, aber er plapperte, er gayferte so lotterbübisches Zeug, und in so empfindlichen Ausdrüken gegen eure Ehre, daß all mein Bißchen Sanftmuth kaum zureichend war, mich bey Geduld zu erhalten. Aber ich bitte euch, mein Herr, seyd ihr auch recht gültig verheurathet? Denn davon dürft ihr versichert seyn, daß der (Magnifico) sehr beliebt ist, und daß seine Stimme in der Republik zum wenigsten so viel zu bedeuten hat, als des Herzogs selbst: Er wird auf die Zerreissung euers Bandes dringen, und wenn sich seine Macht auch so weit nicht erstrekt, euch doch so viel Uebels thun, als das Gesez in seiner äussersten Strenge ihm Befugniß geben kan.

Othello. Er mag sein Aergstes thun; die Dienste, die ich der Regierung gethan habe, werden seine Klagen weit überschreyen. Es ist noch unbekannt, (ich werd es aber beweisen, wenn die Rettung meiner Ehre mich zu einem Schritt zwingt, den ich sonst als eine meiner unwürdige Pralerey ansehe,) daß mein Blut aus einer königlichen Quelle geflossen ist; und meine Verdienste allein sind, ohne Vergrösserung, zulänglich auf ein so stolzes Glük Anspruch zu machen, als dieses ist, dessen ich mich bemächtiget habe. Denn wisse, Jago, wär' es nicht, daß ich die reizende Desdemona liebe, der Werth des ganzen Oceans sollte mich nicht bewegen, meine Freyheit in die Fesseln des ehlichen Standes schliessen zu lassen. Aber siehe, was für Lichter kommen dort?

Fünfte Scene. (Cassio, mit Fakeln, zu den Vorigen.)

Jago. Es werden der aufgebrachte Vater und seine Freunde seyn--das beste wär', ihr giengt hinein.

Othello. Ich? gewiß nicht, ich muß gefunden werden. Meine Verdienste, mein Titel, und mein unerschrokner Muth sollen mich in meinem wahren Lichte zeigen. Sind sie's?

Jago. Beym Janus, ich denke, nein.

Othello. Es sind Leute vom Herzog und mein Lieutenant: guten Abend, meine Freunde; was bringt ihr Neues?

Cassio. Der Herzog entbeut euch seinen Gruß, Feldherr; und ersucht euch mit der eilfertigsten Behendigkeit, gleich diesen Augenblik, um eure Gegenwart.

Othello. Was meynt ihr, warum es zu thun sey?

Cassio. Etwas von Cypern, soviel ich errathen kan. Es muß eine dringende Anliegenheit seyn. Die Galeren haben in dieser nemlichen Nacht zwölf Expressen hinter einander hergeschikt, ein grosser Theil der Senatoren ist auf, und im Pallast des Herzogs versammelt. Man ließ euch sehr dringend ruffen, und da man euch nicht in euerm Quartier fand, schikte der Senat drey verschiedene Partheyen aus, euch überall aufzusuchen.

Othello. Es ist gut, daß ihr mich gefunden habt: Ich habe nur ein Wort in diesem Hause zu reden, und dann will ich mit euch gehen.

(Othello geht ab.)

Cassio. Fähndrich, was thut er hier?

Jago. Meiner Treue, er hat heute Nacht eine reiche Land-Caraque

{ed. * Eigner Name der ehmaligen grossen Portugiesischen Kauf-Fardey-Schiffe.}

aufgebracht; wenn sie für gute Prise erklärt wird, so ist sein Glük gemacht.

Cassio. Ich weiß nicht, was ihr sagen wollt.

Jago. Er hat sich verheurathet.

Cassio. Mit wem?

Jago. Bey G***, mit--he! Herr General, wollt ihr gehen? (Othello zu den Vorigen.)

Othello. Hier bin ich--

Cassio. Da kommt eine andre Parthey, die euch sucht.

Sechste Scene. (Brabantio, und Rodrigo, mit Officieren, Bedienten und Fakeln.)

Jago. Es ist Brabantio; General, nehmt euch in Acht; er hat nichts Gutes im Sinn.

Othello. Holla! Steht, ihr dort!

Rodrigo. Signor, es ist der Mohr.

Brabantio. Zu Boden mit ihm, dem Räuber!

(Sie ziehen auf beyden Seiten.)

Jago. Wie, ihr, Rodrigo?--Kommt, mein Herr, ich bin auf eurer Seite--(Zu Othello.)

Othello. Stekt eure Degen ein, der Thau möchte sie rostig machen.

William Shakespeare
Classic Literature Library

All Pages of This Book