Othello. Niemals, Jago--niemals sollen meine blutige Gedanken, in ungestümer Fluth sich daherwälzend, zu sanfter Liebe zurük fliessen, bis eine weite hinlängliche Rache sie verschlungen haben wird--Das schwör' ich,
(er kniet,)
höre Himmel das schrekliche, unwiederrufliche Gelübd!--Bey deiner unzerstörbaren Veste schwör' ich Rache!
Jago (kniend.) Stehet noch nicht auf--Seyd Zeugen, ihr ewigbrennenden Lampen dort oben, und ihr Elemente, die uns rings umfassen; seyd Zeugen, daß Jago hier alles was sein Verstand, seine Hand und sein Herz vermag, zum Dienste des beleidigten Othello wiedmet! Er befehle! Und ich will gehorchen, ohne Zaudern gehorchen, so blutig auch der Befehl seyn mag!
Othello. Ich bewillkomme deine Freundschaft nicht mit eiteln Danksagungen, sondern mit gutwilliger Annahm; und im gleichen Augenblik will ich dir sagen, wozu ich sie nöthig habe. In den nächsten dreyen Tagen, laß mich von dir hören, daß Cassio nicht mehr ist.
Jago. Mein Freund ist todt; ihr wollt es, es ist gethan. Aber sie--sie laßt leben!
Othello. Verderben über sie, die unzüchtige Gleißnerin! oh! Verderben, Verderben über sie! Komm, geh mit mir auf die Seite, ich muß auf irgend ein schnelles Mittel denken, den schönen Teufel aus der Welt zu schaffen. Nunmehr bist du mein Lieutenant--
Jago. Ich bin auf ewig der eurige.
(Sie gehen ab.)
Neunte Scene. (Ein andrer Theil des Pallasts.) (Desdemona, Aemilia, und Hans Wurst.)
Desdemona. Guter Freund, wißt ihr, wo der Lieutenant Cassio ligt?
Hans Wurst. Das unterstühnd' ich mich wol nicht zu sagen, daß er irgendwo lüge.
Desdemona. Warum?
Hans Wurst. Er ist ein Soldat; und wenn unser einer sagte, ein Soldat lüge, das wäre Hals-Arbeit.
Desdemona. Keine Possen! Wo ist sein Quartier?
Hans Wurst. Da würd' ich selbst lügen, wenn ich euch das sagen wollte.
Desdemona. Auf diese Art werd' ich von dir keine Antwort kriegen.
Hans Wurst. Ich weiß sein Quartier nicht; und wenn ich folglich ein Quartier erdenken wollte, und sagen, er lige da, oder er lige da im Quartier, so würd ich's in meinen Hals hinein lügen.
Desdemona. Du kanst ihn doch erfragen?
Hans Wurst. Ich will die ganze Welt catechisieren; ich will so lange nach ihm fragen, bis mir jemand antwortet, wo er ist.
Desdemona. Such ihn auf, und heiß ihn hieher kommen; sag ihm, ich habe meinen Herrn auf gute Gedanken für ihn gebracht, und ich hoffe, es werde alles gut gehen.
Hans Wurst. Das ist endlich eine Verrichtung, die innert den Grenzen von eines ehrlichen Kerls Wiz ligt; und also will ich sehen, ob ich damit zu Stande kommen kan.
(Er geht.)
Desdemona. Wo mag ich doch das Schnupftuch verlohren haben?
Aemilia. Ich weiß es nicht, gnädige Frau.
Desdemona. Ich versichre dich, ich wollte lieber einen Beutel voll Crusado's verlohren haben. Wenn mein edler Mohr nicht zu vernünftig und zu großmüthig gesinnt wäre, um eifersüchtig zu seyn, so brauchte es nicht mehr, um ihn auf schlimme Gedanken zu bringen.
Aemilia. Ist er nicht eifersüchtig?
Desdemona. Wer, er? Ich denke, die Sonne, unter der er gebohren ward, zog alle groben Dünste von dieser Art aus ihm.
Aemilia. Seht, da kommt er.
Desdemona. Ich will izt nicht von ihm ablassen, bis er den Cassio zu sich ruffen läßt--Wie stehts mit euch, mein lieber Gemahl?
Zehnte Scene. (Othello zu den Vorigen.)
Othello. Wohl, meine liebe Gemahlin--Himmel! wie werd ich an mich halten können!--wie gehts euch, Desdemona? Gebt mir eure Hand; diese Hand ist feucht, Madam. Heiß, heiß, und feucht--eine solche Hand erfordert Eingezogenheit; fasten und beten, viel Casteyung, und geistliche Uebungen; denn es ist ein feuriger, schwizender Teufel hier, der oft rebellisch wird; es ist eine gute Hand, eine freygebige Hand.
Desdemona. Ihr könnt in der That wohl so sagen; denn es war die Hand die mein Herz weggab.
Othello. Eine freygebige Hand. In vorigen Zeiten gaben die Hände Herzen; aber unsre neue Heraldik ist Hände ohne Herz.
{ed. * Eine satyrische Anspielung auf die vielen Baronets, welche König Jacob der Erste machte, und die unter andern Vorrechten eine rothe Hand in einem silbernen Feld in den Wappen-Schild ihrer Vorfahren bekamen.}
Desdemona. Ich verstehe mich nichts hierauf; kommt, wir wollen nun von euerm Versprechen reden.