Wahrhaftig, ich thäte so was nicht um einen Finger-Ring, noch für ein paar Ellen Kammer- Tuch, noch für einen neuen Unterrok, oder eine Kappe, oder so was armseliges; aber für die ganze Welt! Welches Weib wollte ihren Mann nicht zu einem Hahnrey machen, damit er Herr von der ganzen Welt würde? Dafür wollt' ich noch wol das Fegfeuer wagen.
Desdemona. Ich will des Todes seyn, wenn ich so was Unrechtes um die ganze Welt thun wollte.
Aemilia. Wie, das Unrecht ist nur ein Unrecht in der Welt; und da ihr die Welt für eure Mühe bekämet, so wär' es ein Unrecht in eurer Welt, und ihr könntet es bald recht machen.
Desdemona. Ich kan nicht glauben, daß es ein solches Weib giebt.
Aemilia. O Ja, wohl ein duzend und so viele oben drein, daß sie die Welt, um die sie spielten, bevölkern könnten. Allein, ich denke, der Fehler ligt an den Männern, wenn ihre Weiber fallen; gesezt, sie vergessen ihre Pflichten gegen uns, und verschwenden an andre, was uns gehört; oder sie brechen in eine verdrießliche Eifersucht aus, und belegen uns mit sclavischem Zwang; oder sie schlagen uns, oder sie bringen uns unser Vermögen durch; wahrhaftig, wir haben auch Galle, und so sanft wir sind, so rächen wir uns doch gerne, wenn wir beleidigt werden. Unsre Herren Männer sollen wissen, daß ihre Weiber so gut Empfindlichkeit haben als sie; sie sehen, und riechen, und haben einen Geschmak für süß und sauer, so gut wie ihre Männer. Was thun sie, wenn sie uns mit andern vertauschen? Ist es Spaß? Ich will es glauben: Geschieht es aus Leidenschaft? Ich will es glauben: Ist es eine menschliche Schwachheit? es mag auch seyn. Und haben wir nicht auch Leidenschaften? Lieben wir den Zeitvertreib nicht auch? Sind wir nicht so gebrechlich als sie? Sie mögen uns also nur wohl begegnen; oder sie sollen wissen, daß wenn wir sündigen, sie unsre Lehrmeister gewesen sind.
Desdemona. Gute Nacht, gute Nacht; der Himmel gebe mir Gnade, anstatt Böses mit Bösem zu vertreiben, das Böse gut zu machen!
(Sie gehen ab.)
Fünfter Aufzug.
Erste Scene. (Eine Strasse vor dem Pallast.) (Jago und Rodrigo treten auf.)
Jago. Hier stellt euch hinter diese Fässer. Er wird augenbliklich kommen: Deinen blossen Degen in die Hand, und dann frisch dran! Nur munter, munter, sey unverzagt: ich will an deinem Ellenbogen seyn: Es macht unser Glük oder wir sind verlohren: Denk an das, und entschliesse dich wie ein Mann.
Rodrigo. Seyd ihr nur nahe bey der Hand, ich könnt' ihn verfehlen.
Jago. Ich will hier stehen, es könnte nicht näher seyn; fasst, Muth und zieh deinen Degen.
Rodrigo (indem er sich auf die Seite stellt.) Ich gehe ungern an diese That, aber er hat mir Gründe vorgelegt, gegen die nichts einzuwenden ist; es ist endlich nichts, als ein einzelner Mann weniger--Heraus, mein Schwerdt; er soll sterben.
Jago (vor sich.) Ich habe diesen armen Geken gerieben, bis er empfindlich worden ist, er fängt an aufzubrennen. Nun mag er den Cassio ermorden, oder Cassio ihn, oder einer den andern, so find' ich allemal meine Rechnung dabey--Gut, aber wenn Rodrigo lebt, so wird er mich anhalten, ihm die Menge Gold und Juwelen wieder zu erstatten, die ich ihm als Geschenke für Desdemona, abpracticiert habe? Das muß nicht seyn--Bleibt Cassio übrig, so macht mir der Anblik seines Glüks meinen Zustand unerträglich; und überdem, könnte mich der Mohr verrathen; da käm' ich in saubere Ungelegenheiten; nein, sterben soll er! So muß es seyn; ich hör' ihn kommen. (Cassio tritt auf.)
Rodrigo. Den Gang kenn' ich; es ist Er: Schelm, du must sterben.
(Er fällt den Cassio an, und bringt ihm einen Stoß bey.)
Cassio. Dieser Stoß hätte mir in der That übel bekommen können, wenn mein Kleid nicht besser gefüttert wäre als du wußtest: Nun will ich sehen, wie das deinige die Probe hält.
(Er ficht mit Rodrigo; Jago haut den Cassio von hinten in die Beine, und entläuft; Rodrigo und Cassio fallen.)
Rodrigo. O, ich bin des Todes.
Cassio. Ich bin auf immer zum Krippel gemacht; Hülfe, he! Mörder! Mörder!
Zweyte Scene. (Othello erscheint am Fenster.)
Othello (vor sich.) Das ist Cassio's Stimme--Jago hält sein Wort.