Romeo und Julia

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(Einige von der Wache kommen mit Balthasar zurück.)

ZWEITER WÄCHTER Hier ist der Diener Romeos; wir fanden Ihn auf dem Kirchhof.

ERSTER WÄCHTER Bewahrt ihn sicher, bis der Fürst erscheint!

([Ein andrer] Andere Wächter kommen zurück mit Lorenzo.)

DRITTER WÄCHTER Hier ist ein Mönch, der zittert, weint und ächzt; Wir nahmen ihm den Spaten und die Haue, Als er von jener Seit des Kirchhofs kam.

ERSTER WÄCHTER Verdächtges Zeichen! Haltet auch den Mönch!

(Der Prinz und sein Gefolge.)

PRINZ Was für ein Unglück ist so früh schon wach, Das Uns aus Unsrer Morgenruhe stört?

(Capulet, Gräfin Capulet und andre kommen.)

CAPULET Was ists, daß draußen so die Leute schrein?

GRÄFIN CAPULET Das Volk ruft auf den Straßen: "Romeo" Und "Julia" und "Paris"; alles rennt Mit lautem Ausruf unserm Grabmal zu.

PRINZ Welch Schrecken ists, das Unser Ohr betäubt?

ERSTER WÄCHTER Durchlauchtger Herr, entleibt liegt hier Graf Paris; Tot Romeo; und Julia, tot zuvor, Noch warm und erst getötet.

PRINZ Sucht, späht, erforscht die Täter dieser Greuel!

ERSTER WÄCHTER Hier ist ein Mönch und Romeos Bedienter; Man fand Gerät bei ihnen, das die Gräber Der Toten aufzubrechen dient.

CAPULET O Himmel! O Weib! Sieh hier, wie unsre Tochter blutet. Der Dolch hat sich verirrt; sieh seine Scheide Liegt ledig auf dem Rücken Montagues, Er selbst steckt fehl in unsrer Tochter Busen.

GRÄFIN CAPULET O weh mir! Dieser Todesanblick mahnt Wie Grabgeläut mein Alter an die Grube.

(Montague und andre kommen.)

PRINZ Komm, Montague! Früh hast du dich erhoben, Um früh gefallen deinen Sohn zu sehn.

MONTAGUE Ach, gnädger Fürst, mein Weib starb diese Nacht; Gram um des Sohnes Bann entseelte sie. Welch neues Leid bricht auf mein Alter ein?

PRINZ Schau hin, und du wirst sehn.

MONTAGUE O Ungeratner! Was ist das für Sitte, Vor deinem Vater dich ins Grab zu drängen?

PRINZ Versiegelt noch den Mund des Ungestüms, Bis wir die Dunkelheiten aufgehellt Und ihren Quell und wahren Ursprung wissen. Dann will ich Eurer Leiden Hauptmann sein Und selbst zum Tod Euch führen.--Still indes! Das Mißgeschick sei Sklave der Geduld. - Führt die verdächtigen Personen vor!

LORENZO Mich trifft, obschon den Unvermögendsten, Am meisten der Verdacht des grausen Mordes, Weil Zeit und Ort sich gegen mich erklärt. Hier steh ich, mich verdammend und verteidgend, Der Kläger und der Anwalt meiner selbst.

PRINZ So sag ohn Umschweif, was du hievon weißt!

LORENZO Kurz will ich sein, denn kurze Frist des Atems Versagt gedehnte Reden. Romeo, Der tot hier liegt, war dieser Julia Gatte, Und sie, die tot hier liegt, sein treues Weib. Ich traute heimlich sie, ihr Hochzeittag War Tybalts letzter, des unzeitger Tod Den jungen Gatten aus der Stadt verbannte; Und Julia weint' um ihn, nicht um den Vetter. Ihr, um den Gram aus ihrer Brust zu treiben, Verspracht und wolltet sie dem Grafen Paris Vermählen mit Gewalt. Da kommt sie zu mir Mit wildem Blick, heißt mich auf Mittel sinnen, Um dieser zweiten Heirat zu entgehn, Sonst wollt in meiner Zelle sie sich töten. Da gab ich, so belehrt durch meine Kunst, Ihr einen Schlaftrunk; er bewies sich wirksam Nach meiner Absicht, denn er goß den Schein Des Todes über sie. Indessen schrieb ich An Romeo, daß er sich herbegäbe Und hülf aus dem erborgten Grab sie holen In dieser Schreckensnacht, als um die Zeit, Wo jenes Trankes Kraft erlösche. Doch Den Träger meines Briefs, den Bruder Markus, Hielt Zufall auf, und gestern abend bracht er Ihn mir zurück. Nun ging ich ganz allein Um die bestimmte Stunde des Erwachens, Sie zu befrein aus ihrer Ahnen Gruft, Und dacht in meiner Zelle sie zu bergen, Bis ich es Romeo berichten könnte. Doch wie ich kam, Minuten früher nur, Eh sie erwacht', fand ich hier tot zu früh Den treuen Romeo, den edlen Paris. Jetzt wacht' sie auf; ich bat sie, fortzugehn Und mit Geduld des Himmels Hand zu tragen; Doch da verscheucht' ein Lärm mich aus der Gruft. Sie, in Verzweiflung, wollte mir nicht folgen Und tat, so scheints, sich selbst ein Leides an. Dies weiß ich nur; und ihre Heirat war Der Wärterin vertraut.

William Shakespeare
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