Ich bin den ganzen Tag mit euerm Vergnügen geplagt, aber heute Nacht werdet ihr die Last selber tragen. Geht, ich will zum Mittag-Essen, macht ihr daß ihr in die Celle kommt.

Juliette. Wie glüklich bin ich! Leb wohl indessen, gute Amme!

(Sie gehen ab.)

Sechste Scene. (Verwandelt sich in das Kloster.) (Bruder Lorenz und Romeo treten auf.)

Bruder Lorenz. So lächle der Himmel auf diese heilige Handlung, daß keine nachfolgende Unglüks-Stunden uns zur Reue zwingen mögen!

Romeo. Amen, Amen! Doch komme was für ein Unglük auch will, es kan die Wonne nicht überwiegen, die mir eine einzige kurze Minute in ihrem Anblik giebt: Vereinige du nur mit heiligen Worten unsre Hände, und dann mag der Tod selbst sein ärgstes thun; es ist genug, wenn ich sie nur mein nennen kann.

Bruder Lorenz. Diese heftigen Entzükungen nehmen gemeiniglich ein plözliches Ende, und sterben in ihrem Triumph; wie Feuer und Pulver, die sich, indem sie sich begegnen, verzehren. Des süssesten Honigs wird man um seiner Süssigkeit willen zulezt überdrüssig. Liebe also mässig, damit du lange lieben könnest; zu schnell kommt eben so spät an, als zu langsam.

(Juliette zu den Vorigen.)

Hier kommt das Fräulein. Wie munter, wie leicht auf den Füssen sie ist! Ein Verliebter könnte das leichte Pflaum-Federchen besteigen, das in der üppigen Sommer-Luft herumflattert, und würde doch nicht fallen, so leicht ist Eitelkeit.

Juliette. Guten Abend, mein geistlicher Vater.

Bruder Lorenz. Romeo, meine Tochter, soll dir für uns beyde danken.

Juliette. Ich wünsche ihm eben so viel, sonst wäre sein Dank zu viel.

Romeo. Ah! Juliette, wenn das Maaß deiner Freude so aufgehäuft ist als das meinige, und du fähiger bist als ich, sie auszudrüken, o so versüsse durch deinen Athem diese umgebende Luft, und laß die zauberische Musik deiner Zunge die Glükseligkeit entfalten, die wir beyde von dieser frohen Zusammenkunft erhalten.

Juliette. Mein Herz ist zu voll von seinem Glük, als daß es sich in Worte ergiessen könnte--Die sind nur arm, welche sagen können, wie reich sie sind--Meine Zärtlichkeit ist zu einem solchen Übermaaß gestiegen, daß ich nicht die Hälfte meines Reichthums anzugeben vermag.

Bruder Lorenz. Kommt, kommt mit mir, und wir wollen kurze Arbeit machen; denn, mit eurer Erlaubniß, sollt ihr nicht allein beysammen bleiben, bis die heilige Kirch aus beyden (Einen) Leib gemacht hat.

(Sie gehen ab.)

Dritter Aufzug.

Erste Scene. (Die Strasse.) (Mercutio und Benvolio mit ihren Bedienten treten auf.)

Benvolio. Ich bitte dich, lieber Mercutio, laß uns gehen, der Tag ist heiß, und die Capulets schwärmen in den Strassen herum; wenn wir ihnen begegnen, so wird es unfehlbar Händel absezen; denn in diesen heissen Tagen ist das tolle Blut aufrührisch.

Mercutio. Du kommst mir gerade so vor, wie einer von den tapfern Männern, die, wenn sie in ein Weinhaus kommen, gleich ihren Degen auf den Tisch schmeissen und sagen: Gott gebe daß ich dich nicht nöthig habe! aber sobald ihnen die zweyte Flasche in den Kopf gestiegen ist, ihn gegen den Keller-Jungen ziehen, welches sie in der That nicht nöthig hatten.

Benvolio. Und einem solchen Burschen bin ich gleich?

Mercutio. Komm, komm, wenn du aufgebracht bist, bist du ein so hiziger Klingen-Fresser als irgend einer in Italien--und das schlimmste dabey ist, daß du eben so schnell aufzubringen bist, als du hizig bist, wenn man dich aufgebracht hat.

Benvolio. Wie kömmt das?

Mercutio. Wahrhaftig, wenn zween solche wären wie du, wir würden gar bald gar keinen haben, denn einer würde den andern in der ersten Stunde aufreiben. Du? du fängst ja Händel mit einem an, weil er ein Haar mehr oder weniger in seinem Bart hat, als du; du würdest mit einem anbinden, der Nüsse aufknakte, ohne eine andre Ursache angeben zu können, als weil du nußbraune Augen hast. Dein Kopf ist so voller Händel, als ein Ey voll von Dotter und Eyer-Klar--und doch ist dir dieser nemliche Kopf, um deiner Schlägereyen willen, schon so weich geschlagen worden, als ein gesottnes Ey.

William Shakespeare
Classic Literature Library

All Pages of This Book