Antonio. Ich bedaur' euch von Herzen.
Sebastiano. Eine junge Dame, mein Herr, welche, ob man gleich eine sonderbare Ähnlichkeit zwischen ihr und mir finden wollte, doch von vielen für schön gehalten wurde; und wenn ich gleich über diesen Punkt nicht zu leichtgläubig seyn möchte, so darf ich hingegen kühnlich von ihr behaupten, daß sie ein Gemüthe hatte, das der Neid selbst nicht anders als schön nennen könnte: Nun ist sie ertrunken, mein Herr, und ihr Andenken preßt mir Thränen aus, die ich nicht zurükhalten kan.
Antonio. Vergebet mir, mein Herr, daß ihr nicht besser bedient worden seyd.
Sebastiano. O mein allzugütiger Antonio; vergebet mir die Unruhe die ich euch gemacht habe.
Antonio. Wenn ihr mich für meinen guten Willen nicht ermorden wollt, so laßt mich euer Diener seyn.
Sebastiano. Wenn ihr eure Wohlthat nicht wieder vernichten, und ein Leben wieder nehmen wollt, das ihr erhalten habt, so muthet mir das nicht zu. Lebt wohl auf immer; mein Herz ist zu sehr gerührt, als daß ich mehr sagen könnte; meine Augen reden für mich--Ich muß an des Herzogs Orsino Hof; Lebet wohl.
(Er geht ab.)
Antonio. Die Huld aller Götter begleite dich! Ich habe mir Feinde an Orsino's Hofe gemacht, sonst solltest du mich dort bald in deinem Wege finden: Und doch, es entstehe daraus was immer will, ich liebe dich so sehr daß mich keine Gefahr abschreken kan; ich will gehen.
(Geht ab.)
Zweyte Scene. (Malvolio trift Viola, in ihrer Verkleidung als Cäsario an, und richtet den Auftrag bey ihr aus, den ihm Olivia vorhin gegeben, und da Viola den Ring nicht annehmen will, wirft er ihn endlich vor ihre Füsse und geht ab.)
Viola (allein.) Ich ließ keinen Ring bey ihr ligen; was meynt diese Dame damit? Das Unglük wird doch nicht wollen, daß ihr meine Gestalt in dieser Verkleidung gefährlich gewesen! Sie schien mich mit günstigen Augen anzusehen, in der That, so sehr, daß ihre Augen ihre Zunge verhext und gelähmt zu haben schienen; denn sie sprach sehr zerstreut und ohne Zusammenhang--Sie liebt mich, so ist es; und der Auftrag den sie diesem plumpen Abgesandten gemacht, ist ein Kunstgriff, mir ihre Liebe auf eine feine Art zu erkennen zu geben--Sie will keinen Ring von meinem Herrn; wie? er schikte ihr ja keinen; ich bin der Mann--Wenn es so ist, (und es ist so) das arme Fräulein! so wär es noch besser für sie, in ein blosses Phantom verliebt zu seyn. Verkleidungen sind, wie ich sehe, eine Gelegenheit, deren Satan sich wol zu bedienen weiß. Wie wenig es braucht, um in ein wächsernes Weiber-Herz Eindruk zu machen! Himmel! daran hat unsre Gebrechlichkeit Schuld, nicht wir; wenn wir so gemacht sind, was können wir dafür, daß wir so sind?--Aber wie wird sich das zusammen schiken? Mein Herr liebt sie aufs äusserste; ich, arme Mißgestalt, bin eben so stark von ihm bethört; und sie, durch den Schein betrogen, seufzt um mich. Was wird aus diesem allem werden? In so fern ich ein Mann bin, könnte meine Liebe zu Orsino in keinem verzweifeltern Zustand seyn; in so fern ich ein Mädchen bin, wie viele vergebliche Seufzer wird die arme Olivia aushauchen! Hier ist lauter Hoffnunglose Liebe, auf allen Seiten. O Zeit, du must diß entwikeln, nicht ich; es ist ein Knoten, der zu hart verschlungen ist, als daß ich ihn auflösen könnte.
(Sie geht ab.)
Dritte Scene. (Verwandelt sich in Olivias Haus.) (Sir Tobias und Sir Andreas, nebst dem Narren.)
Vierte Scene. (Maria, und endlich auch Malvolio zu den Vorigen.) (Diese beyden Zwischen-Scenen sind der Übersezung unwürdig, und eines Aufzugs unfähig.)
Fünfte Scene. (Verwandelt sich in den Pallast.) (Der Herzog, Viola, Curio, und andre.)
Herzog. Macht mir ein wenig Musik; nun guten Morgen, meine Freunde: Wie, mein wakrer Cäsario, in der That, das Stükchen, das alte ehrliche Gassen-Liedchen, das wir lezte Nacht hörten, machte mir leichter ums Herz als diese flüchtigen Läuffe, diese studierten Säze einer rauschenden und schwindlicht sich im Kreise herumdrehenden Symphonie--Kommt, nur eine Strophe--
Curio. Gnädigster Herr, es ist niemand da, der es singen könnte.