Indessen kommt Fabian mit Cäsario zurük, der, sobald er den Andreas erblikt, sich allen Heiligen zu empfehlen anfängt, ohne gewahr zu werden, daß Andreas wie eine Memme schlottert. Sir Tobias geht von dem einen zum andern, sagt einem jeden, sein Gegner wolle sich durch nichts in der Welt besänftigen lassen, und bringt sie endlich dahin, daß sie, ungern genug, die Degen zu ziehen anfangen; welches alles auf dem Theater eine äusserst lächerliche Scene machen muß.)
Vierzehnte Scene. (Indem sie ziehen, und Viola mit weinerlicher Stimme protestiert, daß es wider ihren Willen geschehe, kommt Antonio dazu, der durch die vollkommne Ähnlichkeit zwischen ihr und ihrem Bruder und durch ihre Verkleidung betrogen, sie für seinen jungen Freund Sebastiano ansieht, sich ins Mittel schlägt, und sich erklärt, er möge nun der beleidigte Theil oder der Beleidiger seyn, so mache er seine Sache zu seiner eignen. Sir Tobias der es übel nimmt, daß ihm sein Spaß verdorben werden soll, erklärt sich, wenn der Neuangekommne sich zu Cäsarios Secundanten aufwerfe, so wolle er sein Mann seyn; allein kaum haben sie gezogen, so kommt die Wache, bey deren Erblikung Viola den Sir Andreas bittet seinen Degen wieder einzusteken, welches sich dieser nicht zweymal sagen läßt. Antonio, der sich, wie man weiß, des Herzogs Ungnade zugezogen hatte, war verrathen worden. Die Wache suchte ihn auf; und da sie, der gemachten Beschreibung nach, ihren Mann gefunden zu haben glaubt, wird er auf Befehl des Herzogs Orsino in Verhaft genommen.)
Antonio (nachdem er sich vergeblich hatte verläugnen wollen.) Ich muß gehorchen.
(Zu Cäsario.)
Das begegnet mir, weil ich euch allenthalben aufsuchte. Aber dafür ist nun kein Mittel. Ich werde mich zu verantworten wissen. Was wollt ihr thun? Meine eigne Noth zwingt mich, daß ich meinen Beutel wieder abfordern muß. Dieser Zufall bekümmert mich viel weniger um meiner selbst willen, als weil ich euch unnüz werden muß: Ihr seyd betroffen, seh ich; aber laßt den Muth noch nicht sinken.
1. Officier. Kommt, Herr, wir müssen fort.
Antonio (Zu Cäsario.) Ich bin genöthigt euch um etwas Geld zu bitten.
Viola. Was für Geld, mein Herr?--Um eures edeln Bezeugens gegen mich willen, und weil ich zum Theil durch den verdrieslichen Zufall, der euch hier zugestossen ist, aus der grösten Verlegenheit gezogen worden bin, will ich euch etwas vorstreken; was ich habe ist was weniges, aber ich will doch mit euch theilen was ich habe; nemmt, das ist die Hälfte meines Vermögens.
Antonio. Und ihr seyd fähig, mich izt zu mißkennen? Ist's möglich daß meine guten Dienste--o sezt meine Noth nicht auf eine so harte Probe, oder ihr könntet mich zu der Niederträchtigkeit versuchen, euch die Freundschaft, die ich euch bewiesen habe, vorzurüken.
Viola. Ich weiß von keiner, und kenne euch weder an eurer Stimme noch Gestalt. Ich hasse Undankbarkeit mehr an einem Mann als Aufschneiden, einbildisches Wesen, waschhafte Trunkenheit, oder irgend eine andre Untugend, wovon der anstekende Saame in unserm Blute stekt.
Antonio. O Himmel!--
Ein Officier. Kommt, mein Herr, ich bitte euch, geht.
Antonio. Laßt mich nur noch ein Wort sagen. Diesen jungen Menschen, den ihr hier seht, zog ich aus dem Rachen des Todes; ich that alles was der zärtlichste Bruder thun könnte, ihn wieder herzustellen; ich liebte ihn, und ließ mich von seiner Gestalt, die mir die besten Eigenschaften anzukündigen schien, so sehr einnehmen, daß ich ihn fast abgöttisch verehrte.
1. Officier. Was geht das uns an? Die Zeit verstreicht indessen; fort!
Antonio. Aber, oh, was für ein häßlicher Göze ist aus diesem Gotte worden. O Sebastiano, du machst der Schönheit Unehre. Wahrhaftig, man sollte niemand häßlich nennen, als Leute die kein gutes Herz haben. Tugend ist Schönheit; böse Leute, welche schön aussehen, sind hohle Klöze die der Teufel angestrichen hat.
1. Officier. Der Mann fangt an zu rasen: weg mit ihm. Kommt, kommt, Herr.
Antonio. Führt mich wohin ihr wollt.
(Sie gehen ab.)
Viola. Mich däucht es ist eine so wahre Leidenschaft in seinen Reden, daß er würklich glaubt was er sagt.