Jacques. Die ganze Welt ist Bühne Und alle Fraun und Männer bloße Spieler. Sie treten auf und geben wieder ab, Sein Leben lang spielt einer manche Rollen Durch sieben Akte hin. Zuerst das Kind, Das in der Wärtrin Armen greint und sprudelt; Der weinerliche Bube, der mit Bündel Und glattem Morgenantlitz wie die Schnecke Ungern zur Schule kriecht; dann der Verliebte, Der wie ein Ofen seufzt, mit Jammerlied Auf seiner Liebsten Braun; dann der Soldat, Voll toller Flüch und wie ein Pardel bärtig, Auf Ehre eifersüchtig, schnell zu Händeln, Bis in die Mündung der Kanone suchend Die Seifenblase Ruhm. Und dann der Richter Im runden Bauche, mit Kapaun gestopft, Mit strengem Blick und regelrechtem Bart, Voll weiser Sprüch und Allerweltssentenzen Spielt seine Rolle so. Das sechste Alter Macht den besockten, hagern Pantalon, Brill auf der Nase, Beutel an der Seite; Die jugendliche Hose, wohl geschont, 'ne Welt zu weit für die verschrumpften Lenden; Die tiefe Männerstimme, umgewandelt Zum kindischen Diskante, pfeift und quäkt In seinem Ton. Der letzte Akt, mit dem Die seltsam wechselnde Geschichte schließt, Ist zweite Kindheit, gänzliches Vergessen, Ohn Augen, ohne Zahn, Geschmack und alles.
(Orlando kommt zurück mit Adam.)
Herzog. Nun, Freund, setzt nieder Eure würdge Last Und laßt ihn essen.
Orlando. Ich dank Euch sehr für ihn.
Adam. Das tut auch not; Kaum kann ich sprechen, selbst für mich zu danken.
Herzog. Willkommen denn! greift zu! Ich stör Euch nicht Bis jetzt mit Fragen über Eure Lage.-- Gebt uns Musik und singt eins, guter Vetter! Lied.
Amiens. Stürm, stürm, du Winterwind! Du bist nicht falsch gesinnt, Wie Menschenundank ist. Dein Zahn nagt nicht sosehr, Weil man nicht weiß, woher, Wiewohl du heftig bist. Heisa! singt heisa! den grünenden Bäumen! Die Freundschaft ist falsch, und die Liebe nur Träumen. Drum heisa, den Bäumen! Den lustigen Räumen! Frier, frier, du Himmelsgrimm! Du beißest nicht so schlimm Als Wohltat nicht erkannt; Erstarrst du gleich die Flut, Viel schärfer sticht das Blut Ein Freund von uns gewandt. Heisa! singt heisa! den grünenden Bäumen! Die Freundschaft ist falsch, und die Liebe nur Träumen. Drum heisa, den Bäumen! Den lustigen Räumen!
Herzog. Wenn ihr der Sohn des guten Roland seid, Wie Ihr mir eben redlich zugeflüstert Und meinem Aug sein Ebenbild bezeugt, Das konterfeit, in Eurem Antlitz lebt: Seid herzlich hier begrüßt! Ich bin der Herzog, Der Euren Vater liebte; Eur ferners Schicksal, Kommt und erzählt's in meiner Höhle mir.-- Willkommen, guter Alter, wie dein Herr! Führt ihn am Arme.--Gebt mir Eure Hand Und macht mir Euer ganz Geschick bekannt.
(Alle ab.)
Dritter Aufzug
Erste Szene
Ein Zimmer im Palast
(Herzog Friedrich, Oliver, Herren vom Hofe und Gefolge)
Herzog Friedrich. Ihn nicht gesehn seitdem? Herr! Herr! das kann nicht sein. Bestünd aus Milde nicht mein größter Teil, So sucht ich kein entferntes Ziel der Rache, Da du zur Stelle bist.--Doch sieh dich vor; Schaff deinen Bruder, sei er, wo er will; Such ihn mit Kerzen, bring in Jahresfrist Ihn lebend oder tot; sonst komm nie wieder, Auf unserm Boden Unterhalt zu suchen. Was du nur dein nennst, Land und andres Gut, Des Einziehns wert, fällt unsrer Hand anheim, Bis du durch deines Bruders Mund dich lösest Von allem, was wir gegen dich gedacht.
Oliver. O kennt' Eur Hoheit hierin nur mein Herz! Ich liebt im Leben meinen Bruder nicht.
Herzog Friedrich. Schurk um so mehr!--Stoßt ihn zur Tür hinaus, Laßt die Beamten dieser Art Beschlag Ihm legen auf sein Haus und Länderein: Tut in der Schnelle dies und schafft ihn fort!
(Alle ab.)
Zweite Szene
Der Wald
(Orlando kommt mit einem Blatt Papier)
Orlando. Da häng, mein Vers, der Liebe zum Beweis! Und du, o Königin der Nacht dort oben, Sieh keuschen Blicks aus deinem blassen Kreis Den Namen deiner Jägrin hier erhoben. O Rosalinde! sei der Wald mir Schrift: Ich grabe mein Gemüt in alle Rinden, Daß jedes Aug, das diese Bäume trifft, Ringsum bezeugt mag deine Tugend finden. Auf, auf, Orlando! rühme spät und früh Die schöne, keusche, unnennbare "sie".