Orlando. Nun, bei meiner Treue im Lieben, ich will es; sagt mir, wo sie ist.
Rosalinde. Geht mit mir, so will ich sie Euch zeigen, und unterwegs sollt Ihr mir sagen, wo Ihr hier im Walde wohnt. Wollt Ihr kommen?
Orlando. Von ganzem Herzen, guter Junge.
Rosalinde. Nein, Ihr müßt mich Rosalinde nennen.--Komm, Schwester, laßt uns gehn.
(Alle ab.)
Dritte Szene
Der Wald
(Probstein und Käthchen kommen. Jacques in der Ferne, belauscht sie)
Probstein. Komm hurtig, gutes Käthchen; ich will deine Ziegen zusammenholen, Käthchen. Und sag, Käthchen: bin ich der Mann noch, der dir ansteht? Bist du mit meinen schlichten Zügen zufrieden?
Käthchen Eure Züge? Gott behüte! Was sind das für Streiche?
Probstein. Ich bin hier bei Käthchen und ihren Ziegen, wie der Dichter, der die ärgsten Bocksprünge machte, der ehrliche Ovid, unter den Goten.
Jacques. O schlechtlogierte Gelehrsamkeit! schlechter als Jupiter unter einem Strohdach!
Probstein. Wenn eines Menschen Verse nicht verstanden werden und eines Menschen Witz von dem geschickten Kinde Verstand nicht unterstützt wird, das schlägt einen Menschen härter nieder als eine große Rechnung in einem kleinen Zimmer.--Wahrhaftig, ich wollte, die Götter hätten dich poetisch gemacht.
Käthchen Ich weiß nicht, was poetisch ist. Ist es ehrlich in Worten und Werken? Besteht es mit der Wahrheit?
Probstein. Nein, wahrhaftig nicht; denn die wahrste Poesie erdichtet am meisten, und Liebhaber sind der Poesie ergeben, und was sie in Poesie schwören, davon kann man sagen, sie erdichten es als Liebhaber.
Käthchen Könnt Ihr denn wünschen, daß mich die Götter poetisch gemacht hätten?
Probstein. Ich tue es wahrlich, denn du schwörst mir zu, daß du ehrbar bist. Wenn du nun ein Poet wärest, so hätte ich einige Hoffnung, daß du erdichtetest.
Käthchen Wolltet Ihr denn nicht, daß ich ehrbar wäre?
Probstein. Nein, wahrhaftig nicht, du müßtest denn sehr häßlich sein; denn Ehrbarkeit mit Schönheit gepaart ist wie eine Honigbrühe über Zucker.
Jacques. Ein sinnreicher Narr!
Käthchen Gut, ich bin nicht schön, und darum bitte ich die Götter, daß sie mich ehrbar machen.
Probstein. Wahrhaftig, Ehrbarkeit an eine garstige Schmutzdirne wegzuwerfen, hieße, gut Essen auf eine unreinliche Schüssel legen.
Käthchen Ich bin keine Schmutzdirne, ob ich schon den Göttern danke, daß ich garstig bin.
Probstein. Gut, die Götter sei'n für deine Garstigkeit gepriesen, die Schmutzigkeit kann noch kommen. Aber sei es, wie es will, ich heirate dich, und zu dem Ende bin ich bei Ehrn Olivarius Textdreher gewesen, dem Pfarrer im nächsten Dorf der mir versprochen hat, mich an diesem Platz im Walde zu treffen und uns zusammenzugeben.
Jacques (beiseite). Die Zusammenkunft möchte ich mit ansehn.
Käthchen Nun, die Götter lassen es wohl gelingen!
Probstein. Amen! Wer ein zaghaft Herz hätte, möchte wohl bei diesem Unternehmen stutzen; denn wir haben hier keinen Tempel als den Wald, keine Gemeinde als Hornvieh. Aber was tut's? Mutig! Hörner sind verhaßt, aber unvermeidlich. Es heißt, mancher Mensch weiß des Guten kein Ende; recht! mancher Mensch hat gute Hörner und weiß ihrer kein Ende. Wohl! es ist das Zugebrachte von seinem Weibe, er hat es nicht selbst erworben.--Hörner? Nun ja! Arme Leute allein?--Nein, nein, der edelste Hirsch hat sie so hoch wie der geringste. Ist der ledige Mann darum gesegnet? Nein. Wie eine Stadt mit Mauern vornehmer ist als ein Dorf, so ist die Stirn eines verheirateten Mannes ehrenvoller als die nackte Schläfe eines Junggesellen; und um soviel besser Schutzwehr ist als Unvermögen, um soviel kostbarer ist ein Horn als keins. (Ehrn Olivarius Textdreher kommt.) Hier kommt Ehrn Olivarius.-- Ehrn Olivarius Textdreher, gut, daß wir Euch treffen. Wollt Ihr uns hier unter diesem Baum abfertigen, oder sollen wir mit Euch in Eure Kapelle gehn?
Ehrn Olivarius. Ist niemand da, um die Braut zu geben?
Probstein. Ich nehme sie nicht als Gabe von irgendeinem Mann.
Ehrn Olivarius. Sie muß gegeben werden, oder die Heirat ist nicht gültig.