Doch das sind lauter Lügen; die Menschen sind von Zeit zu Zeit gestorben, und die Würmer haben sie verzehrt, aber nicht aus Liebe.

Orlando. Ich möchte meine rechte Rosalinde nicht so gesinnt wissen; denn ich beteure, ihr Stirnrunzeln könnte mich töten.

Rosalinde. Bei dieser Hand! es tötet keine Fliege. Aber kommt! nun will ich Eure Rosalinde in einer gutwilligeren Stimmung sein, und bittet von mir, was Ihr wollt, ich will es zugestehn.

Orlando. So liebe mich, Rosalinde.

Rosalinde. Ja, das will ich, Freitags, Sonnabends und so weiter.

Orlando. Und willst du mich haben?

Rosalinde. Ja, und zwanzig solcher.

Orlando. Was sagst du?

Rosalinde. Seid Ihr nicht gut?

Orlando. Ich hoff es.

Rosalinde. Nun denn, kann man des Guten zuviel haben?--Kommt, Schwester, Ihr sollt der Priester sein, um uns zu trauen.--Gebt mir Eure Hand, Orlando.--Was sagt Ihr, Schwester?

Orlando. Bitte, trau uns.

Celia. Ich weiß die Worte nicht.

Rosalinde. Ihr müßt anfangen: "Wollt Ihr, Orlando--"

Celia. Schon gut.--Wollt Ihr, Orlando, gegenwärtige Rosalinde zum Weibe haben?

Orlando. Ja!

Rosalinde. Gut, aber wann?

Orlando. Nun, gleich: so schnell sie uns trauen kann.

Rosalinde. So müßt Ihr sagen: "Ich nehme dich, Rosalinde, zum Weibe."

Orlando. Ich nehme dich, Rosalinde, zum Weibe.

Rosalinde. Ich könnte nach Eurem Erlaubnisschein fragen, doch--ich nehme dich, Orlando, zu meinem Manne. Da kommt ein Mädchen dem Priester zuvor, und wirklich, Weibergedanken eilen immer ihren Handlungen voraus.

Orlando. Das tun alle Gedanken, sie sind beflügelt.

Rosalinde. Nun sagt mir: wie lange wollt Ihr sie haben, nachdem Ihr ihren Besitz erlangt?

Orlando. Immerdar und einen Tag.

Rosalinde. Sagt, einen Tag, und laßt immerdar weg. Nein, nein, Orlando! Männer sind Mai, wenn sie freien, und Dezember in der Ehe. Mädchen sind Frühling, solange sie Mädchen sind, aber der Himmel verändert sich, wenn sie Frauen werden. Ich will eifersüchtiger auf dich sein als ein Turteltauber auf sein Weibchen, schreiichter als ein Papagei, wenn es regnen will, putzsüchtiger als ein Affe und launischer in Gelüsten als eine Meerkatze. Ich will um nichts weinen, wie Diana am Springbrunnen, und das will ich tun, wenn du zur Lustigkeit gestimmt bist; ich will lachen wie eine Hyäne, und zwar wenn du zu schlafen wünschest.

Orlando. Aber wird meine Rosalinde das tun?

Rosalinde. Bei meinem Leben, sie wird es machen wie ich.

Orlando. Oh, sie ist aber klug.

Rosalinde. Sonst hätte sie nicht den Witz dazu. Je klüger, desto verkehrter. Versperrt dem Witz eines Weibes die Türen, so muß er zum Fenster hinaus; macht das zu, so fährt er aus dem Schlüsselloch; verstopft das, so fliegt er mit dem Rauch aus dem Schornstein.

Orlando. Ein Mann, der eine Frau mit soviel Witz hätte, könnte fragen: "Witz, wo willst du mit der Frau hin?"

Rosalinde. Nein, das könntet Ihr versparen, bis Ihr den Witz Eurer Frau auf dem Wege zu Eures Nachbars Bett anträft.

Orlando. Welcher Witz hätte Witz genug, das zu entschuldigen?

Rosalinde. Nun, etwa:--sie ginge hin, Euch dort zu suchen. Ihr werdet sie nie ohne Antwort ertappen. Ihr müßtet sie denn ohne Zunge antreffen. Oh, die Frau, die die Schuld an ihren Fehlern nicht auf ihren Mann zu schieben versteht, die laßt nie ihr Kind säugen; sie würde es albern großziehn.

Orlando. Auf die nächsten zwei Stunden, Rosalinde, verlasse ich dich.

Rosalinde. Ach, geliebter Freund, ich kann dich nicht zwei Stunden entbehren.

Orlando. Ich muß dem Herzoge beim Mittagstisch aufwarten. Um zwei Uhr bin ich wieder bei dir.

Rosalinde. Ja, geht nur, geht nur! Das sah ich wohl von Euch voraus; meine Freunde sagten mir's, und ich dacht es ebenfalls--Eure Schmeichelzunge gewann mich--es ist nur eine Verstoßne mehr--und also: komm, Tod!--Zwei Uhr ist Eure Stunde?

Orlando. Ja, süße Rosalinde.

Rosalinde. Bei Treu und Glauben, und in vollem Ernst, und so mich der Himmel schirme, und bei allen artigen Schwüren, die keine Gefahr haben, brecht Ihr ein Pünktchen Eures Versprechens, oder kommt nur eine Minute nach der Zeit, so will ich Euch für den feierlichsten Wortbrecher halten und für den falschesten Liebhaber und den Allerunwürdigsten derer, die Ihr Rosalinde nennt, welcher nur aus dem ganzen Haufen der Ungetreuen ausgesucht werden konnte.

William Shakespeare
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