Coriolanus

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Aufidius. O Marcius, Marcius! Ein jedes Wort von dir hat eine Wurzel Des alten Neids mir aus der Brust gejätet. Wenn Jupiter Von jener Wolk uns als Orakel riefe: "Wahr ist's!" nicht mehr als dir würd ich ihm glauben. Ganz edler Marcius! O! laß mich umwinden Den Leib mit meinen Armen, gegen den Mein fester Speer wohl hundertmal zerbrach, Und traf den Mond mit Splittern. Hier umfang ich Den Amboß meines Schwerts und ringe nun So edel und so heiß mit deiner Liebe, Als je mein eifersüchtger Mut gerungen Mit deiner Tapferkeit. Laß mich bekennen: Ich liebte meine Braut, nie seufzt' ein Mann Mit treurer Seele; doch, dich hier zu sehn, Du hoher Geist! dem springt mein Herz noch freudger, Als da mein neuvermähltes Weib zuerst Mein Haus betrat. Du Mars, ich sage dir, Ganz fertig steht ein Kriegsheer, und ich wollte Noch einmal dir den Schild vom Arme hauen, Wo nicht, den Arm verlieren. Zwölfmal hast du Mich ausgeklopft, und jede Nacht seitdem Träumt ich vom Balgen zwischen dir und mir. Wir waren beid in meinem Schlaf am Boden, Die Helme reißend, bei der Kehl uns packend: Halbtot vom Nichts erwacht ich.--Würdger Marcius! Hätt ich nicht andern Streit mit Rom, als nur, Daß du von dort verbannt, ich böte auf Von zwölf zu siebzig alles Volk, um Krieg Ins Herz des undankbaren Roms zu gießen Mit überschwellnder Flut.--O komm! tritt ein Und nimm die Freundeshand der Senatoren, Die jetzt hier sind, mir Lebewohl zu sagen, Der eure Länderein angreifen wollte, Wenn auch nicht Rom selbst.

Coriolanus. Götter, seid gepriesen!

Aufidius. Willst du nun selbst als unumschränkter Herr Dein eigner Rächer sein, so übernimm Die Hälfte meiner Macht; bestimme du, Wie dir gefällt, da du am besten kennst Des Landes Kraft und Schwäche, deinen Weg, Sei's, anzuklopfen an die Tore Roms, Sei's, sie an fernen Grenzen heimzusuchen, Erst schreckend, dann vernichtend. Doch tritt ein Und sei empfohlen jenen, daß sie ja Zu deinen Wünschen sprechen.--Tausend Willkomm! Und mehr mein Freund als du je Feind gewesen, Und, Marcius, das ist viel. Komm, deine Hand.

(Coriolanus und Aufidius gehn ab.)

Erster Diener. Das ist eine wunderliche Verändrung.

Zweiter Diener. Bei meiner Hand, ich dachte, ihn mit einem Prügel hinauszuschlagen, und doch ahnete mir, seine Kleider machten von ihm eine falsche Aussage.

Erster Diener. Was hat er für einen Arm! Er schwenkte mich herum mit seinem Daum und Finger, wie man einen Kreisel tanzen läßt.

Zweiter Diener. Nun, ich sah gleich an seinem Gesicht, daß was Besonderes in ihm steckte. Er hatte mir eine Art von Gesicht, sag ich-- ich weiß nicht, wie ich es nennen soll.

Erster Diener. Das hatte er. Er sah aus, gleichsam--ich will mich hängen lassen, wenn ich nicht dachte, es wäre mehr in ihm, als ich denken konnte.

Zweiter Diener. Das dachte ich auch, mein Seel. Er ist geradezu der herrlichste Mann der Welt.

Erster Diener. Das glaube ich auch. Aber einen besseren Krieger als er kennst du doch wohl.

Zweiter Diener. Wer? mein Herr?

Erster Diener. Ja, das ist keine Frage.

Zweiter Diener. Der wiegt sechs solche auf.

Erster Diener. Nein, das nun auch nicht, doch ich halte ihn für einen bessern Krieger.

Zweiter Diener. Mein Treu! sieh, man kann nicht sagen, was man davon denken soll; was die Verteidigung einer Stadt betrifft, da ist unser Feldherr vorzüglich.

Erster Diener. Ja, und auch für den Angriff. Der dritte Diener kommt zurück.

Dritter Diener. O, Bursche, ich kann euch Neuigkeiten erzählen, Neuigkeiten, ihr Flegel!

Die beiden andern. Was? was? was? Laß hören.

Dritter Diener. Ich wollte kein Römer sein, lieber alles in der Welt; lieber wäre ich ein verurteilter Mensch.

Erster und zweiter Diener. Warum? Warum?

Dritter Diener. Nun, der ist da, der unsern Feldherrn immer zwackte, der Cajus Marcius.

Erster Diener. Warum sagtest du, unsern Feldherrn zwacken?

Dritter Diener. Ich sage just nicht, unsern Feldherrn zwacken; aber er war ihm doch immer gewachsen.

Zweiter Diener. Kommt, wir sind Freunde und Kameraden.

William Shakespeare
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