Dortchen Tear-Scheet zu Nacht essen werde, und der Prinz verabredet sich mit Poins, sie beym Nacht- Essen zu überraschen. Es ist eine Art von Wiz und Humor in dieser Scene; aber auch das, was nach Abzug der Wortspiele und platten oder schmuzigen Einfälle übrig bleibt, verdient keine Uebersezung; ein paar Einfälle des Prinzen ausgenommen, um deren willen das übrige von folgender Stelle mitgehen mag.)

Prinz Heinrich. Aber ist es wahr, Ned, daß ihr so vertraut mit mir thut? Muß ich eure Schwester heurathen?

Poins. Mag das Mensch keinen schlechtem Anstand haben! Aber das hab' ich nie gesagt.

Prinz Heinrich. Wol--so treiben wir den Narren mit der Zeit, und die Geister der Weisen sizen in den Wolken und spotten unser--Ist euer Herr hier in London?

Bardolph. Ja, Milord.

Prinz Heinrich. Wo ißt er zu Nacht?

Bardolph. Am alten Ort, Milord, in East-Cheap.

Prinz Heinrich. In was für Gesellschaft?

Page. Mit Ephesiern, Milord, von der alten Kirche.

Prinz Heinrich. Wird er Weibsleute beym Essen haben?

Page. Niemand, als die alte Frau Quikly, und Jungfer Dortchen Tear-Scheet.

Prinz Heinrich. Was für eine Heidin mag das seyn?

Page. Es ist ein ganz hübsches Frauenzimmer, Milord, und eine Base zu meinem Herrn.

Prinz Heinrich. Von der Art Basen, wie die Pfarr-Kühe zum Stadt-Bullen sind. Wollen wir sie beym Nacht-Essen überraschen, Ned?

Poins. In bin euer Schatten, Milord.

Prinz Heinrich. Aber holla, ihr Junge, und Bardolph, sagt euerm Herrn kein Wort davon, daß ich in der Stadt bin--Da ist was für eure Verschwiegenheit.

Bardolph. Ich habe keine Zunge, Milord.

Page. Und ich will schon Meister über meine seyn.

Prinz Heinrich. Fahrt ihr wohl, geht--

(Zu Poins.)

Diese Dortchen Tear-Scheet wird vermuthlich was Allgemeines seyn?

Poins. Ich stehe euch davor, so gemein, wie die Landstrasse zwischen hier und St. Albans.

Prinz Heinrich. Wie müßten wir's machen, wenn wir Falstaffen heute Nacht (in naturalibus) sehen wollten, ohne daß er uns sähe?

Poins. Wir müßten lederne Brust-Tücher anthun, und Schürze, und ihm bey Tisch aufwarten.

Prinz Heinrich. Von einem Gott zu einem Stier? Eine tieffe Herablassung! Es war Jupiters Fall. Aus einem Prinzen ein Keller-Junge? Eine unedle Verwandlung! Das soll mein Fall seyn. Wenn man eine Narrheit machen will, so muß man sie ganz machen. Folge mir, Ned.

(Sie gehen ab.)

Sechste Scene. (Northumberlands-Burg.) (Northumberland, Lady Northumberland, und Lady Percy.)

Northumberland. Ich bitte dich, mein liebes Weib, und euch, meine werthe Tochter, laßt den Entschliessungen ihren Lauff, wozu die Zeit mich nöthigt. Beunruhigt mich nicht länger durch Vorstellungen, welchen Gehör zu geben nicht mehr in meiner Macht ist.

Lady Northumberland. Ich hab es aufgegeben, ich will nichts mehr sagen: thut was ihr wollt; eure Klugheit sey eure Rathgeberin.

Northumberland. Ich habe meine Ehre zum Pfand gegeben, liebstes Weib; und nichts kan sie wieder einlösen, als wenn ich gehe.

Lady Percy. O, um des Himmels willen, bleibet dem ungeachtet zurük. Es war eine Zeit, Vater, da ihr euer Wort brachet, obgleich weit mehr daran gelegen war es zu halten, als izt. Wie manchen Blik schikte euer Percy, euer Sohn, mein liebster Harry, nordwärts, dem Beystand entgegen, den ihm sein Vater zuführen sollte? aber er wartete umsonst. Wer beredete euch damals daheim zu bleiben? In einem so entscheidenden Zeitpunct, und da durch euer Zurükbleiben eure und euers Sohnes Ehre verlohren gieng? Was die eurige betrift, möge himmlische Glorie sie umglänzen! Die seinige stand über ihm wie die Sonne im arzurnen Gewölbe des Himmels: Und die ganze Ritterschaft von England bewegte sich bey seinem Licht, in der Laufbahn ruhmwürdiger Thaten. Er war der Spiegel, vor dem die edle Jugend ihre Gestalt untersuchte. Er sah keine Füsse, die nicht seinen Gang nachahmten; und mit der Zunge anstossen, welches bey ihm ein Natur-Fehler war, wurde der allgemeine Accent der Tapfern; so groß war die Begierde, ihm ähnlich zu seyn.

William Shakespeare
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