Die Irrungen

Page 11

Warum wollt ihr mich dann nöthigen sie zu lieben, da mein Herz weit stärker, weit stärker zu euch gezogen wird?O, loke mich nicht, holdes Meer-Mädchen, durch dein Zauberlied, um in der Thränenfluth deiner Schwester mich zu ertränken; sing' für dich selbst, Syrene, und ich bin lauter Liebe; spreite deine goldnen Loken über die Silberwellen, und ich will sie zu meinem Bette machen, und da ligen, und den Tod, den du mir geben wirst, mit Entzüken annehmen.

Luciana. Wie, seyd ihr wahnwizig, daß ihr so schwärmt?

Antipholis von Syracus. Nicht wahnwizig, aber geblendet; wie, weiß ich selbst nicht.

Luciana. Der Fehler ligt in euern Augen.

Antipholis von Syracus. Weil ich zu lang, o schöne Sonne, in eure Stralen schaute.

Luciana. Schaut wohin ihr sollt, das wird euer Gesicht wieder aufklären.

Antipholis von Syracus. Das ist soviel, meine süsse Liebe, als ob ihr mir befählet, in die Nacht zu schauen.

Luciana. Warum nennt ihr mich, Liebe?Nennt meine Schwester so.

Antipholis von Syracus. Deiner Schwester Schwester.

Luciana. Das ist meine Schwester.

Antipholis. Nein, das bist du selbst, die bessere Helfte des meinigen, das Auge meiner Augen, und meines Herzens theureres Herz; meine Nahrung, mein Glük und mein Anspruch an den Himmel.

Luciana. Alles diß ist meine Schwester, oder sollt es doch seyn.

Antipholis von Syracus. Nenne dich selbst Schwester, meine Liebe, denn ich meyne dich; dich will ich lieben, und mit dir mein Leben leben. Du hast noch keinen Mann; ich noch kein Weib; gieb mir deine Hand.

Luciana. O, sachte, mein Herr, haltet noch ein wenig ein; ich will nur vorher meine Schwester holen, damit sie ihre Einwilligung geben kan.

(Luciana geht ab.)

Dritte Scene. (Dromio von Syracus, (über die Bühne lauffend.)

Antipholis von Syracus. He, holla, Dromio, wohin laufst du so eilig?

Dromio von Syracus. Kennt ihr mich dann, Herr?Bin ich Dromio?Bin ich euer Knecht?Bin ich ich selbst?

Antipholis von Syracus. Du bist Dromio, mein Knecht, und du selbst.

Dromio von Syracus. Ich bin ein Esel, eines Weibes Mann, und ausser mir selbst.

Antipholis von Syracus. Was für eines Weibes Mann, und wie ausser dir selbst?

Dromio von Syracus. Meiner Six, Herr, in so fern ich ausser mir selbst bin, gehör' ich einem Weib an; einer, die Ansprüche an mich macht, die mir allenthalben nachläuft, und mich haben will.

Antipholis von Syracus. Was für Ansprüche macht sie an dich?

Dromio von Syracus. Sapperment, Herr, so einen Anspruch wie ihr auf euer Pferd machen könnt; einen recht bestialischen Anspruch; denn ich müßte nichts geringere als ein Stier seyn, wenn ihr Anspruch gültig wäre, so ähnlich ist sie einer Kuh aus Flandern.

Antipholis von Syracus. Wer ist es dann?

Dromio von Syracus. Eine sehr respectable Person, Herr; eine Person, von der man nicht reden darf, ohne zu sagen: Mit Respect. Ich mache nur ein sehr mageres Glük, wenn ich den Handel eingehe, und doch ist sie eine erstaunlich fette Parthey.

Antipholis von Syracus. Was meynst du damit?

Dromio von Syracus. Sapperment, Herr, sie ist das Küchen-Mensch und lauter Schmeer; ich wüßte nicht was man aus ihr machen könnte als eine Lampe, um bey ihrem eignen Licht vor ihr davon zu lauffen. Ich steh' euch dafür, ihre Lumpen und das Talg darinn, würden einen Lapländischen Winter lang brennen.

Antipholis. Wie heißt sie?

Dromio von Syracus. Nell, Herr--Aber ihr Name, Herr, und drey Viertel, (das ist eine Ell und drey Viertel,) reichte noch lange nicht zu, sie von einer Hüfte zur andern auszumessen.

Antipholis. Sie ist also räsonnabel breit?

Dromio von Syracus. Nicht länger vom Kopf zum Fuß als von einer Hüfte zur andern; sie ist rund wie ein Globus: Ich wollte Länder auf ihr finden.

Antipholis. Wo wolltest du zum Exempel Irrland finden?

Dromio von Syracus*. {ed.-* Der Leser wird uns vielleicht eher verzeihen, daß wir ihm die Antwort des Dromio schuldig bleiben, als daß wir ihn und uns bereits mit so vielen andern albernen Possen, wovon dieses Stük wimmelt, geplagt haben.

William Shakespeare
Classic Literature Library

All Pages of This Book