(Er geht ab.)
Rosenkranz. Gott erhalte euch, Gnädiger Herr.
Güldenstern. Mein theurester Prinz!
Hamlet. Ah, meine werthen guten Freunde! Wie lebst du, Güldenstern? Ha, Rosenkranz, ihr ehrlichen Jungens, wie geht's euch beyden?
Rosenkranz. Wie es so unbedeutenden Erden-Söhnen zu gehen pflegt.
Güldenstern. Eben darinn glüklich, daß wir nicht gar zu glüklich sind--Wir sind eben nicht der Knopf auf Fortunens Kappe.
Hamlet. Doch nicht die Solen an ihren Schuhen?
Rosenkranz. Das auch nicht, Gnädiger Herr.
Hamlet. Ihr hangt also an ihrem Gürtel--Gut; was bringt ihr denn neues?
Rosenkranz. Nichts, Gnädiger Herr, als daß die Welt ehrlich worden ist.
Hamlet. So ist der jüngste Tag im Anzug; aber eure Zeitung ist falsch. Verstattet mir einmal eine vertrauliche Frage: Womit habt ihr euch an der Göttin Fortuna versündiget, meine guten Freunde, daß sie euch hieher in den Kerker geschikt hat?
Güldenstern. In den Kerker, Gnädiger Herr?
Hamlet. Dännemark ist ein Kerker.
Rosenkranz. So ist die ganze Welt einer.
Hamlet. Ein recht stattlicher, worinn viele Thürme, Gefängnisse und Löcher sind, unter denen Dännemark eines der ärgsten ist.
Rosenkranz. Wir denken nicht so, Gnädiger Herr.
Hamlet. Nicht? Nun so ist es auch nicht so für euch: Es ist nichts so gut oder so schlimm, das nicht durch unsre Meynung dazu gemacht wird: Für mich ist es ein Gefängniß.
Rosenkranz. Wenn das ist, so macht es euer Ehrgeiz dazu; es ist zu enge für euern Geist.
Hamlet. O Gott, ich wollte mich in eine Nußschale einsperren lassen, und mir einbilden, daß ich König über einen unendlichen Raum sey; wenn ich nur nicht so schlimme Träume hätte.
Güldenstern. Welche Träume im Grunde nichts anders als Ehrgeiz sind; denn was ist das ganze Wesen des Ehrsüchtigen, als ein Schatten von einem Traum?
Hamlet. Ein Traum ist selbst nur ein Schatten.
Rosenkranz. Allerdings, und ich halte den Ehrgeiz für etwas so leichtes und unwesentliches, daß er nur der Schatten eines Schattens genennt zu werden verdient.
Hamlet. Nach dieser Art zu urtheilen, sind unsre Bettler, Körper; und unsre Monarchen und aufgespreißten Helden, der Bettler Schatten. Wollen wir nach Hofe? Denn, auf meine Ehre, raisonnieren ist meine Sache nicht.
Beyde. Wir sind zu Euer Gnaden Aufwartung.
Hamlet. Keine solche Complimente: Ich möchte euch nicht zu meinen übrigen Bedienten rechnen: Denn wenn ichs euch als ein ehrlicher Mann sagen soll, ich habe ein sehr fürchterliches Gefolge; aber in vollem Vertrauen, was thut ihr hier in Elsinoor?
Rosenkranz. Wir sind blos hieher gekommen, euch unsern Besuch abzustatten.
Hamlet. Ich bin so bettelarm, daß ich so gar an Dank arm bin; doch dank ich euch, und versichert euch, meine theuren Freunde, mein Dank ist zu theuer um einen Halb-Pfenning. Seyd ihr nicht beruffen worden? war es euer eigner Gedanke? Ist es ein Besuch aus freyem gutem Willen? Kommt, geht mit der Sprache heraus--Kommt, kommt; nun so sagt dann--
Güldenstern. Was sollen wir sagen, Gnädiger Herr?
Hamlet. Das gilt mir gleich, wenn es nur zur Sache taugt. Man hat euch holen lassen; ich sehe eine Art von Geständniß in euern Augen, welches eure Bescheidenheit nicht Kunst genug hat zu maskieren. Ich bin gewiß, der gute König und die Königin haben euch holen lassen.
Rosenkranz. Zu was Ende, Gnädiger Herr?
Hamlet. Daß ihr mich ausforschen sollt; aber laßt mich euch bey den Rechten unsrer Cameradschaft, bey der Übereinstimmung unsrer Jugend, bey den Banden unsrer niemals unterbrochnen Liebe, und bey allem was ein beßrer Redner als ich bin, euch noch theurers vorhalten könnte, beschwören, mir aufrichtig und gerade heraus zu sagen, ob man euch nicht habe holen lassen?
Rosenkranz (zu Güldenstern.) Was sagt ihr hiezu?
Hamlet. Nicht so, denn ich hab' ein Aug auf euch; wenn ihr mich liebet so haltet nicht zurük.
Güldenstern. Man hat uns ruffen lassen, Gnädiger Herr.
Hamlet. Ich will euch sagen wofür; so habt ihr euch doch keine Verrätherey vorzuwerfen, und eure Treue gegen den König und die Königin wird um keine Feder leichter.