Ich habe, seit einiger Zeit, warum weiß ich selbst nicht, alle meine Munterkeit verlohren, alle meine gewohnten Übungen aufgegeben; und in der That es ist mit meiner Schwermuth so weit gekommen, daß diese anmuthige Erde mir nur ein kahles Vorgebürge; dieses prächtige Baldachin die Luft, seht ihr, dieses stolze über uns hangende Firmament, diese majestätische Deke mit goldnen Sphären eingelegt, mir nicht anders vorkommt, als wie ein stinkender Sammelplaz pestilenzischer Ausdünstungen. Was für ein Meisterstük ist der Mensch! Wie edel durch die Vernunft! Wie unbegrenzt in seinen Fähigkeiten! An Gestalt und Bewegungs-Kraft wie vollendet und bewundernswürdig! Im Würken wie ähnlich einem Engel! Im Denken wie ähnlich einem Gott! Die schönste Zier der Schöpfung! Das vollkommenste aller sichtbaren Wesen! Und doch, was ist in meinen Augen diese Quintessenz von Staub? Der Mensch gefällt mir nicht, und das Weib eben so wenig; ohngeachtet ihr es durch euer Lächeln zu verstehen zu geben scheint.
Rosenkranz. Gnädiger Herr, ich hatte keinen Gedanken an das.
Hamlet. Warum lachtet ihr dann, wie ich sagte, der Mensch gefalle mir nicht?
Rosenkranz. Ich lachte, weil mir dabey einfiel, was für einen magern Unterhalt, bey solchen Umständen, die Comödianten, bey Euer Gnaden finden werden; wir stiessen unterwegs auf sie, und sie sind im Begriff hieher zu kommen, um euch ihre Dienste anzubieten.
Hamlet. Derjenige, der den König macht, soll mir willkommen seyn; seine Majestät soll Tribut von mir empfangen; der irrende Ritter soll sein Rappier und seine Tarsche brauchen; der Liebhaber soll nicht gratis seufzen; die lustige Person soll ihre Rolle ruhig bis zu Ende spielen; der Hans Wurst soll alle lachen machen, deren Lunge ohnehin von scharfen Feuchtigkeiten gekizelt wird, und die Damen sollen sagen was sie denken, oder die reimlosen Verse sollen es entgelten. Was für Comödianten sind es?
Rosenkranz. Die nemlichen, welche sonst euern Beyfall hatten, die Schauspieler von der Stadt.
Hamlet. Wie kommt es, daß sie reisen? Ihre Residenz war für ihren Ruhm und ihren Beutel vorteilhafter.
Rosenkranz. Ich denke, ihre Abdankung ist die Folge einiger Veränderungen, welche neuerlich gemacht worden sind.
Hamlet. Stehen sie noch in dem nemlichen Credit wie vormals, als ich in der Stadt war? Haben sie noch so viel Zulauf?
Rosenkranz. Nein in der That, den haben sie nicht.
Hamlet. Wie kommt das, fangen sie an rostig zu werden?
Rosenkranz. Nein, sie geben sich noch immer so viele Mühe als zuvor; aber es ist ein Nest voll Kinder zum Vorschein gekommen, kleine Kichelchen, die beym Haupt-Wort eines Sazes aus allen Kräften ausgrillen, und auch jämmerlich genug geschlagen werden, bis sie es so gut gelernt haben; die sind izt Mode, und überplappern die gemeinen Schauspieler (so nennen sie's) dermassen, daß manche, die einen Degen an der Seite tragen, vor Gänsespulen erschraken, und das Herz nicht haben, sie zu besuchen.*
{ed.-* Diese ganze Stelle bezieht sich auf einen damaligen theatralischen Streit, durch gewisse Schauspiele veranlaßt, welche von den Chor-Knaben von des Königs Jacob I. Capelle aufgeführt wurden.}
Hamlet. Kinder, sagt ihr, seyen es? Und wer unterhält sie? Wie werden sie salariert? Werden sie das Handwerk nur so lange treiben, als sie singen können? Und wenn sie sich endlich zu gemeinen Comödianten ausgewachsen haben, (wie sie doch zulezt werden müssen, wenn sie keine Mittel haben,) werden sie sich alsdann nicht beschweren, daß ihre Autoren ihnen vormals so schöne Exclamationen gegen ihre eigne künftige Profession in den Mund gelegt haben?
Rosenkranz. Bey meiner Ehre, es wurde auf beyden Seiten grosser Lerm gemacht, und die Nation hält es für keine Sünde, sie noch mehr zum Streit aufzureizen. Es war eine geraume Zeit lang mit dem schönsten Stük von der Welt kein Geld zu verdienen, wenn der Poet und der Schauspieler diese wichtige Streitfrage nicht mit hineinbrachten, und ihren Gegnern links und rechts Ohrfeigen austheilten.
Hamlet. Ist's möglich?
Güldenstern. O, ich kan Euer Gnaden versichern, es ist hizig hergegangen.