Hamlet. Und tragen die Jungens es davon?**

{ed.-** Man hat diese Redensart, welche auch im Französischen gewöhnlich ist,

(est-ce que les Enfans l'emportent?)

um der Antwort willen beybehalten müssen.}

Güldenstern. Das thun sie, Gnädiger Herr; den Hercules mit samt seiner Ladung.

Hamlet. Mich wundert es nicht; denn mein Oheim ist König in Dännemark, und die Nemlichen, welche bey meines Vaters Leben Frazen-Gesichter gegen ihn geschnitten hätten, geben izt zwanzig, vierzig, fünfzig, ja hundert Ducaten, um sein Bildniß in Miniatur zu haben.*** Es ist etwas mehr als natürliches hierinn, das wol werth wäre, daß die Philosophen sich Mühe gäben, es zu erforschen.

{ed.-*** Ein Stich über den Beyfall den die Chor-Knaben bey dem König und dem Hofe fanden.}

(Man hört ein Getöse.)

Güldenstern. Da kommen die Comödianten.

Hamlet (zu Güldenstern und Rosenkranz.) Meine Herren, ihr seyd willkommen in Elsinoor, gebt mir eure Hände; kommt, kommt; wir wollen die Ceremonien bey Seite legen. Das muß unter uns ausgemacht seyn, sonst würde mein Betragen gegen diese Comödianten (gegen welche ich, gewisser Ursachen wegen, höflich seyn werde,) mehr Verbindliches zu haben scheinen, als mein Bezeugen gegen euch. Ihr seyd willkommen; aber mein Oheim-Vater, und meine Tante-Mutter haben sich betrogen.

Güldenstern. Wie so, Gnädiger Herr?

Hamlet. Ich bin nur toll bey Nord oder Nord-West; wenn der Wind von Suden bläßt, kan ich einen Falken sehr wol von einer Hand-Säge unterscheiden.****

{ed.-**** Ein damals gewöhnliches Sprüchwort. Eigentlich soll es heissen, einen Falken von einem Reyger-Nest; allein das gemeine Volk machte aus (Hern-shaw, (I know a hawk from a hern-shaw) hand-saw) eine Hand-Säge, vermuthlich, damit die Redensart possierlicher klinge, wie es vielen Sprüchwörtern zu gehen pflegt.}

Siebende Scene. (Polonius zu den Vorigen.)

Polonius. Ich wünsche euch viel Gutes, meine Herren.

Hamlet. Hört ihr, Güldenstern, und ihr auch; diß grosse Wiegen-Kind, das ihr hier vor euch seht, ist noch nie aus seinen Windeln gekommen.

Rosenkranz. Vielleicht ist er zum andern mal drein gekommen, denn man sagt, alte Leute zweymal Kinder.

Hamlet. Ich seh es ihm an, daß er kommt, mir von den Comödianten zu sprechen--Gebt Acht darauf--Ihr habt recht, mein Herr; lezten Montag früh war es so, in der That.

Polonius. Gnädiger Herr, ich habe euch was neues zu sagen.

Hamlet. Gnädiger Herr, ich habe (euch) was neues zu sagen; als Roscius ein Comödiant zu Rom war--

Polonius. Die Comödianten sind hier angekommen, Gnädiger Herr.

Hamlet. Was?

Polonius. Auf meine Ehre--

Hamlet. Jeder Comödiant kam also auf seinem Esel--

Polonius. Die besten Schauspieler in der Welt, es sey nun für Tragödie, Comödie, Historie, Pastoral, Tragi-Comödie, Comical-Pastoral, oder was ihr immer wollt; für sie ist Seneca nicht zu schwer, und Plautus nicht zu leicht. Wenn Wiz und Freyheit das einzige Gesez sind, so findet man ihres gleichen nicht in der Welt.

Hamlet. (O Jephta, Richter in Israel)*, was für einen Schaz hast du!

{ed.-* Dieses und was Hamlet dem Polonius antwortet, scheinen Bruchstüke aus alten Balladen zu seyn.}

Polonius. Was hatte er für einen Schaz, Gnädiger Herr?

Hamlet. (Ein' Tochter hatt' er, und nicht mehr, Ein hübsches Mädchen, das liebt er sehr.)

Polonius (vor sich.) Immer stekt ihm meine Tochter im Kopf

Hamlet. Hab' ich nicht recht, alter Jephta?

Polonius. Wenn ich der Jephta bin, den ihr meynt, Gnädiger Herr, so hab ich eine Tochter, die ich sehr liebe.

Hamlet. Nein, das folgt nicht.

Polonius. Was folgt denn, Gnädiger Herr?

Hamlet. Was? Zum Exempel,

(Da trug sich zu, wie ich sagen thu--) ihr kennt ja das Liedchen? Aber da kommen die ehrlichen Leute, die mir heraushelfen-- (Vier oder fünf Schauspieler treten auf.) Willkommen, ihr Herren, willkommen allerseits--Es freut mich, dich wohl zu sehen-- Willkommen meine guten Freunde--Ha! Alter Freund! Du hast ja einen hübschen Bart bekommen, seit dem wir uns gesehen haben--wie, meine hübsche Jungfer, ihr seyd ja um eine Pantoffel-Höhe gewachsen? Ich will hoffen, daß es eurer schönen Stimme nichts geschadet haben werde--Ihr Herren, ihr seyd alle willkommen; wir wollen nur gleich zur Sache--eine hübsche Scene, wenn ich bitten darf; kommt, kommt; eine kleine Probe von eurer Kunst, eine Rede, worinn recht viel Affect ist--

1.

William Shakespeare
Classic Literature Library

All Pages of This Book