Weg! weg!

Alle. Lichter, Lichter, Lichter!

(Sie gehen in Verwirrung ab.)

Siebende Scene. (Hamlet und Horatio bleiben.)

Hamlet. Laßt weinen den verwundten Hirsch, Der unverlezte scherzt: Denn billig wacht die Missethat Indem die Unschuld schläft. Würde das, Herr, (wenn alles andre fehlschlüge) und ein Wald von Federn auf dem Hut, und ein paar ungeheure Rosen auf meinen gestreiften Schuhen, mir nicht einen Plaz unter einen Kuppel von Comödianten verschaffen?

Horatio. Ich mache mit, wenn's dazu kommt.

Hamlet. O mein guter Horatio, ich wollte des Geists Wort für zehntausend Thaler annehmen. Hast du's gesehen?

Horatio. Nur gar zu wohl, Gnädiger Herr.

Hamlet. Wie die Rede vom Vergiften war?

Horatio. Ich hab' es sehr wol beobachtet. (Rosenkranz und Güldenstern treten auf.)

Hamlet. He! holla! kommt, spielt uns eins auf. Kommt, wo sind die Flöten? Wenn die Comödie dem König nicht gefällt, nun, so gefällt sie ihm eben nicht, und er muß wissen warum. Kommt, spielt auf, sag ich.

Güldenstern. Mein Gnädiger Prinz, erlaubet mir ein Wort mit euch zu reden--

Hamlet. Eine ganze Historie, Herr.

Güldenstern. Der König, mein Herr--

Hamlet. So, mein Herr, was giebt's von ihm?

Güldenstern. Hat sich in sein Cabinet verschlossen, und befindet sich ausserordentlich übel--

Hamlet. Vielleicht von zu vielem Wein?

Güldenstern. Nein, Gnädiger Herr, von Galle--

Hamlet. Eure gewöhnliche Weisheit hat euch nicht wohl gerathen, mein Herr, da sie euch zu mir gewiesen hat; zum Doctor hättet ihr gehen sollen; ich kan hier nichts; denn wenn ich ihm auch ein Purgier-Mittel eingeben wollte, so möcht' es ihm leicht noch mehr Galle machen.

Güldenstern. Gnädiger Herr, höret mich an, anstatt durch solche seltsame Absprünge meinem Vortrag auszuweichen.

Hamlet. Ich will stehen bleiben, Herr--Sprecht!

Güldenstern. Die Königin, eure Frau Mutter, schikt mich in grössester Betrübniß ihres Herzens zu euch.

Hamlet. Ihr seyd willkommen.

Güldenstern. Nein, Gnädiger Herr, dieses Compliment ist hier ausser seinem Plaz. Wenn es euch beliebig ist, mir eine gesunde Antwort zu geben, so will ich mich des Auftrags entledigen, den mir eure Mutter aufgegeben hat; wo nicht, so werdet ihr mir verzeihen, wenn ich gehe, und mein Geschäft für geendigt halte.

Hamlet. Herr, das kan ich nicht--

Güldenstern. Was, Gnädiger Herr?

Hamlet. Euch eine gesunde Antwort geben; mein Wiz ist gar nicht wohl auf Aber, Herr, so gut als ich eine Antwort geben kan, steht sie euch zu Diensten; oder vielmehr wie ihr sagt, meiner Mutter--also nur ohne fernern Umschweif zur Sache!--Meine Mutter, sagt ihr--

Rosenkranz. Nun dann, das sagt sie; euer Betragen hat sie in das äusserste Befremden und Erstaunen gesezt.

Hamlet. O erstaunlicher Sohn, der seine Mutter so in Erstaunen sezen kan! Aber stolpert nicht etwann eine Folge hinter dieser Erstaunung her?

Rosenkranz. Sie wünscht, eh ihr zu Bette geht, in ihrem Cabinet mit euch zu sprechen.

Hamlet. Wir werden gehorchen, und wenn sie zehnmal unsre Mutter wäre. Habt ihr noch weiter was mit uns zu handeln?

Rosenkranz. Gnädiger Herr, ihr liebtet mich einst--

Hamlet. Das thu ich noch--

Rosenkranz. Nun, dann, liebster Prinz, um unsrer alten Freundschaft willen, was ist die Ursache dieses euers seltsamen Humor's? Seyd versichert, ihr sezt eure eigne Freyheit in Gefahr, wenn ihr euch länger weigert, eure Beschwerden einem Freunde zu vertrauen.

Hamlet. Mein Herr, ich möchte gern Befördrung.

Rosenkranz. Wie kan das seyn, da ihr das Königliche Wort für eure Thronfolge in Dännemark habt?

Hamlet. Schon gut, aber, (weil das Gras wächßt)--Das Sprüchwort ist ein wenig schmuzig. (Einer mit einer Flöte tritt auf.) O, die Flöten; laßt mich eine sehen--Wir gehen mit einander, mein Herr--Wie, warum geht ihr so um mich herum, mir den Wind abzugewinnen, als ob ihr mich in ein Garn treiben wolltet?

Güldenstern. O mein Gnädiger Prinz, wenn mich meine Pflicht zu kühn macht, so zwingt mich meine Liebe so gar unhöflich zu seyn.

William Shakespeare
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