Julius Cäsar

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traf. O Schmeichler!

Cassius. Schmeichler!--Dankt Euch selbst nun, Brutus, Denn diese Zunge würde heut nicht freveln, Wär Cassius' Rat befolgt.

Octavius. Zur Sache! kommt! Macht Widerspruch uns schwitzen, So kostet rötre Tropfen der Erweis. Seht! auf Verschworne zück ich dieses Schwert: Wann, denkt ihr, geht es wieder in die Scheide? Nie, bis des Cäsar dreiundzwanzig Wunden Gerächt sind, oder bis ein andrer Cäsar Mit Mord gesättigt der Verräter Schwert.

Brutus. Cäsar, du kannst nicht durch Verräter sterben, Du bringest denn sie mit.

Octavius. Das hoff ich auch; Von Brutus' Schwert war Tod mir nicht bestimmt.

Brutus. O wärst du deines Stammes Edelster, Du könntest, junger Mann, nicht schöner sterben.

Cassius. Ein launisch Bübchen, unwert solchen Ruhms, Gesellt zu einem Wüstling und 'nem Trinker.

Antonius. Der alte Cassius!

Octavius. Kommt, Antonius! fort! Trotz in die Zähne schleudr' ich euch, Vertäter! Wagt ihr zu fechten heut, so kommt ins Feld, Wo nicht, wenn's euch gemutet.

(Octavius und Antonius mit ihrem Heere ab.)

Cassius. Nun tobe, Wind! schwill, Woge! schwimme, Nachen! Der Sturm ist wach und alles auf dem Spiel.

Brutus. Lucilius, hört! ich muß ein Wort Euch sagen.

Lucilius. Herr?

(Brutus und Lucilius reden beiseite miteinander.)

Cassius. Messala!

Messala. Was befiehlt mein Feldherr?

Cassius. Messala, dies ist mein Geburtstag; grade An diesem Tag kam Cassius auf die Welt. Gib mir die Hand, Messala, sei mein Zeuge, Daß ich gezwungen, wie Pompejus einst, An eine Schlacht all unsre Freiheit wage. Du weißt, ich hielt am Epicurus fest Und seiner Lehr; nun ändr' ich meinen Sinn Und glaub an Dinge, die das Künftge deuten. Auf unserm Zug von Sardes stürzten sich Zwei große Adler auf das vordre Banner; Da saßen sie und fraßen gierig schlingend Aus unsrer Krieger Hand; sie gaben uns Hieher bis nach Philippi das Geleit; Heut morgen sind sie auf und fortgeflohn. Statt ihrer fliegen Raben, Geier, Krähn Uns überm Haupt und schaun herab auf uns Als einen siechen Raub; ihr Schatten scheint Ein Trauerhimmel, unter dem das Heer, Bereit, den Atem auszuhauchen, liegt.

Messala. Nein, glaubt das nicht.

Cassius. Ich glaub es auch nur halb, Denn ich bin frischen Mutes und entschlossen, Zu trotzen standhaft jeglicher Gefahr.

Brutus. Tu das, Lucilius.

Cassius. Nun, mein edler Brutus, Sein uns die Götter heute hold, auf daß wir Gesellt in Frieden unserm Alter nahn! Doch weil das Los der Menschen niemals sicher, Laßt uns bedacht sein auf den schlimmsten Fall. Verlieren wir dies Treffen, so ist dies Das allerletzte Mal, daß wir uns sprechen: Was habt Ihr dann Euch vorgesetzt zu tun?

Brutus. Ganz nach der Vorschrift der Philosophie, Wonach ich Cato um den Tod getadelt, Den er sich gab (ich weiß nicht, wie es kommt, Allein ich find es feig und niederträchtig, Aus Furcht, was kommen mag, des Lebens Zeit So zu verkürzen), will ich mit Geduld Mich waffnen und den Willen hoher Mächte Erwarten, die das Irdische regieren.

Cassius. Dann, geht die Schlacht verloren, laßt Ihr's Euch Gefallen, daß man durch die Straßen Roms Euch im Triumphe führt?

Brutus. Nein, Cassius, nein! Glaub mir, du edler Römer, Brutus wird nie gebunden gehn nach Rom; Er trägt zu hohen Sinn. Doch dieser Tag Muß enden, was des Märzen Idus anfing; Ob wir uns wieder treffen, weiß ich nicht: Drum laßt ein ewig Lebewohl uns nehmen. Gehab dich wohl, mein Cassius, für und für! Sehn wir uns wieder, nun, so lächeln wir; Wo nicht, so war dies Scheiden wohlgetan.

Cassius. Gehab dich wohl, mein Brutus, für und für! Sehn wir uns wieder, lächeln wir gewiß; Wo nicht, ist wahrlich wohlgetan dies Scheiden.

Brutus. Nun wohl, rückt vor! O wüßte jemand doch Das Ende dieses Tagwerks, eh es kommt! Allein es gnüget, enden wird der Tag, Dann wissen wir sein Ende.--Kommt und fort!

(Alle ab.)

Zweite Szene Das Schlachtfeld

Getümmel. Brutus und Messala kommen

Brutus. Reit, reit, Messala, reit! Bring diese Zettel Den Legionen auf der andern Seite.

William Shakespeare
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