Die Rüstungen derer, die diesen Morgen in so hellem Silberglanz vor euch vorbeyzogen, kehren alle in Französischem Blute vergüldet zurük; nicht ein einziger Federbusch, der auf einem Englischen Helme winkte, ist von einem Französischen Speer abgeschlagen worden; unsre Fahnen kommen in den nemlichen Händen wieder, die sie entfalteten als wir auszogen, und gleich einem lustigen Truppen Jäger, kommen unsre frölichen Engländer, alle mit bepurpurten Händen zurük, in dem Lebensblut ihrer sterbenden Feinde gefärbt. Öffnet eure Thore, und laßt die Sieger einziehen.

Bürger. Ihr Herolde, wir haben von unsern Thürmen euerm ganzen Gefecht, vom Angriff bis zum Abzug zusehen können; unsre schärfsten Augen haben keinen Vorzug oder Vortheil auf einen von beyden Partheyen entdeken können; Blut hat Blut erkauft, und Streiche haben Streichen geantwortet; Stärke, Muth, Dapferkeit und Glük waren auf beyden Seiten gleich. So sind auch wir gegen beyde, bis einer der Grösseste bleibt; so lange sie so im Gleichgewicht stehen, halten wir unsre Stadt für keinen, sondern für beyde.

Fünfte Scene. (Die beyden Könige mit ihrem Heer treten auf verschiednen Seiten auf.)

König Johann. Frankreich, hast du noch mehr Blut wegzuwerfen? Sprich, willt du dem Strom unsers Rechts seinen friedfertigen Lauf lassen; oder soll er von dir gestört, aus seinem natürlichen Canal hervorschwellen, und deine angrenzenden Ufer überströmen?

König Philipp. England, du hast in diesem hizigen Wettkampf nicht einen einzigen Tropfen Bluts mehr zurükgebracht als wir; eher hast du mehr verlohren. Und ich schwöre bey dieser Hand, die diesen weitgrenzenden Erdstrich beherrschet; eh wir diese gerechten Waffen niederlegen, wollen wir dich, gegen den wir sie tragen, in den Staub niederlegen, oder selbst die Zahl der Todten mit einem königlichen Schatten vermehren!

Faulconbridge. Ha! Majestät!--Wie hoch steigt dein Stolz, wenn das goldne Blut der Könige in Feuer gesezt wird! Oh, nun füttert der Tod seine morschen Kinnbaken mit Stahl, Schlachtschwerdter sind seine Zähne und Griffe, und nun schmaußt er und frißt sich, indeß daß die Könige hadern, an Menschenfleisch satt. Warum stehen diese königlichen Linien so unbeweglich? Ruft zum Angriff, ihr Könige; zurük in das blutbeflekte Feld, ihr gleichmächtigen Fürsten, ihr Feuer-sprudelnden Geister! Laßt die Niederlage des einen Theils den Frieden des andern bekräftigen. Bis dahin Streiche, Blut und Tod!

König Johann. Für wessen Parthey erklären sich nun die Leute in der Stadt?

König Philipp. Sprecht, ihr Bürger; wen erkennt ihr für euern König?

Bürger. Den König von England, sobald wir ihn kennen.

König Philipp. Erkennt ihn in Uns, die wir hier sein Recht verfochten haben.

König Johann. In Uns, die wir unser eigner grosser Abgeordneter sind, und im Besiz unsrer eignen Person uns hier befinden, Herr von unsrer Gegenwart, von Angiers, und von euch.

Bürger. Eine grössere Macht, als die eurige, widerspricht all dieses, und bis sie ausser allem Zweifel ist, schliessen wir unsre erste Bedenklichkeit in unsre stark verrigelte Thore ein. Könige sind unsre Furcht, so lange bis unsre Furcht von einem gewissen Könige aufgelöst, gereinigt und ausgetrieben seyn wird.

Faulconbridge. Diese unverschämten Gesellen von Angiers spotten eurer, ihr Könige, und stehen sicher auf ihren Zinnen, wo sie wie auf einem Amphitheater, unsern arbeitvollen Todes-Scenen und Aufzügen mit weitoffnen Augen und richtendem Blik zusehen. Laßt euch von mir rathen, ihr Könige; seyd gleich den Aufrührern von Jerusalem eine Weile Freunde, und vereinigst eure äusserste Macht wider diese Stadt. Laßt Frankreich von Osten, und England von Westen ihre bis an die Mündung gefüllte Canonen wider sie richten, bis ihr Seele- schrekendes Geschrey die steinernen Rippen dieser trozigen Stadt zu Boden geklafft hat; ich wollte unverzüglich auf diese Schindmähren spielen, bis die Verwüstung ihnen keine andre Schuzwehr als die umgebende Luft übrig liesse. Wenn dieses geschehen ist, dann trennt eure vereinbarte Macht wieder, sondert eure vermengten Fahnen ab, und sezet Antliz gegen Antliz, und Schwerdt gegen Schwerdt.

William Shakespeare
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