Dann wird Fortuna in einem Augenblik aus einem von beyden Theilen ihren glüklichen Günstling auswählen, dem sie die Ehre dieses Tages zuwenden, und den sie mit einem glorreichen Siege küssen wird. Wie gefällt euch dieser wilde Rath, mächtige Fürsten? Schmekt er nicht ein wenig nach der Politik?

König Johann. Nun bey dem Himmel, der über unsern Häuptern hängt, er gefällt mir. Frankreich, laßt uns unsre Kräfte vereinbaren, und dieses Angiers dem Erdboden gleich machen; dann wollen wir erst durch die Waffen ausmachen, wer König davon seyn soll?

Faulconbridge (zu Frankreich.) Und wenn du anders die Empfindlichkeit eines Königs hast, so richte, da du eben so sehr als wir selbst von dieser halsstarrigen Stadt beleidigt worden bist, den Rachen deiner Artillerie, wie wir der unsrigen, gegen diese trozigen Mauern; und wenn wir sie zu Boden geschmettert haben, nun, dann könnt ihr's mit einander aufnehmen, und einander, wie es kommt, gen Himmel oder in die Hölle schiken.

König Philipp. So wollen wir's machen; saget, wo wollt ihr angreiffen?

König Johann. Wir wollen von Westen Zerstörung in den Busen dieser Stadt senden.

Östreich. Ich von Norden.

König Philipp. Unser Donner soll von Süden einen Hagel von Kugeln auf diese Stadt regnen.

Faulconbridge (leise.) Eine weise Einrichtung! Von Norden zu Süden; Östreich und Frankreich werden einander ins Gesicht schiessen. Ich will sie dazu aufreizen;

(laut;)

kommt, hinweg, hinweg!

Bürger. Hört uns, grosse Könige; laßt euch gefallen noch einen Augenblik zu verweilen, und ich will euch einen Vorschlag zum Frieden und zu einem annehmlichen Verglich thun. Gewinnet lieber diese Stadt ohne Wunden, und lasset diese Kriegsmänner, die als Schlachtopfer auf den Wahlplaz hieher gekommen sind, ihr Leben wieder nach Hause tragen, und in ihren Betten sterben. Verharret nicht auf euerm Vorsaz, sondern höret mich, grosse Könige.

König Johann. Redet, wir erlauben es, und wollen hören.

Bürger. Diese Infantin von Spanien, Lady Blanca, ist nahe mit England verwandt; betrachtet den jungen Ludwig, den Dauphin, und dieses liebenswürdige Mädchen. Wenn wollüstige Liebe auf die Jagd der Schönheit ausgehen wollte, wo könnte sie solche schöner finden, als in Lady Blanca? Wenn keusche Liebe gehen wollte, die Tugend aufzusuchen, wo könnte sie solche reiner finden, als in Lady Blanca? Wenn ehrsüchtige Liebe ein Bündniß mit hohem Stande machen will, in welchen Adern rinnt ein edler Blut als in Lady Blanca's? So wie sie an Schönheit, Tugend und Geburt ist, so vollkommen ist der junge Dauphin, in jedem Stüke; soll er nicht vollkommen seyn, o, so sagt nur, er ist nicht sie; so wie ihr nichts anders mangelt, (wenn das ein Mangel heissen kan,) als daß sie nicht er ist. Er ist die Helfte eines vollkommnen Mannes, bestimmt, durch eine solche Sie vollendet zu werden; und sie eine schöne getheilte Vortreflichkeit, deren vollständige Vollkommenheit in ihm ligt. O! zween solche Silberströme, wenn sie sich vereinigen, machen die Ufer worinn sie zusammenfliessen, zu Paradiesen. Diese Vereinigung soll mehr über unsre festverschloßnen Thore vermögen als Batterien; denn sobald ihr dieses Bündniß beschlossen haben werdet, soll sich der Mund des Zugangs, schneller als der Bliz des Pulvers ihn mit Gewalt eröffnen könnte, von freyen Stüken weit aufthun, euch einzulassen; aber ohne dieses Bündniß, ist die ergrimmte See nicht halb so taub, sind Löwen nicht halb so unerschroken, und Berge und Felsen so unbeweglich; nein, der Tod selbst ist in seiner verderblichen Wuth nicht halb so unerbittlich, als wir, diese Stadt zu behaupten.

Faulconbridge. Das ist ein Redner, der das faule Gerippe des Todes aus seinen Lumpen herausschüttelt. Das ist ein grosses Maul, in der That, das Tod und Berge, Felsen und Seen ausspeyt, und von brüllenden Löwen so vertraulich spricht, als Mädchen von dreyzehn Jahren von Schooßhündchen. Was für ein Constabel zeugte dieses lustige Blut? Er spricht lauter Canonen-Feuer, Rauch und Knall; er giebt Prügel- Suppe mit seiner Zunge; unsre Ohren kriegen Stokschläge; er sagt nicht ein Wort, das nicht eine derbere Maulschelle giebt als eine Französische Faust.

William Shakespeare
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