Zum Henker! Ich bin nie so mit Worten abgepläut worden, seit ich meines Bruders Vater Papa genennt habe.

Elinor (zu König Johann, leise.) Sohn, gieb diesem Vorschlag Gehör, geh dieses Bündniß ein, und gieb ihnen mit unsrer Nichte eine Morgengabe, womit sie zufrieden seyn können; denn durch dieses Band kanst du dein izt wankendes Recht an die Crone so feste machen, daß jener grüne Bube keine Sonne haben wird, um die Blüthe zu zeitigen, die eine mächtige Frucht verspricht. Ich sehe Nachgiebigkeit in Frankreichs Bliken; sieh, wie sie einander zuflüstern; fasse sie bey diesem Augenblik, da ihre Seelen fähig sind, sich durch die Hoffnung einer vergrösserten Macht bestechen zu lassen, sonst möcht' ihr Eifer für Arthurs Sache, der izt durch den lauen Athem von sanften Bitten, Mitleiden und Bedenklichkeiten aufgeschmelzt worden, wieder erkalten, und zu der vorigen Härte gefrieren.

Bürger. Was antworten Eure Majestäten auf den gütlichen Vorschlag unsrer bedräuten Stadt?

König Philipp. Sprecht zuerst, England, da ihr der erste waret, der seinen Antrag an diese Stadt machte; was ist eure Gesinnung?

König Johann. Wofern der hier gegenwärtige Dauphin, dein königlicher Sohn, in diesem Buche der Schönheit lesen kan, ich liebe; so soll ihre Mitgift soviel wägen als eine Königin; denn Anjou, und das schöne Touraine, Maine, Poitou, und alles, was (diese belagerte Stadt hier ausgenommen,) auf dieser Seite des Meers unsrer Crone einverleibt ist, soll ihr Braut-Bette vergülden, und sie an Titeln, Würden und Gütern so reich machen, als sie an Geburt, Erziehung und Schönheit, jeder andern Princeßin in der Welt die Wage hält.

König Philipp. Was sagst du denn, Junge? Sieh der Princeßin ins Gesicht.

Ludwig. Ich thu es, Sire, und ich find' in ihren Augen ein Wunderwerk, oder doch eine wunderbare Erscheinung, meinen eignen Schatten in ihren Augen abgebildet, der, ob er gleich nur der Schatten euers Sohnes ist, eine Sonne wird, und euern Sohn zu einem Schatten macht. Ich versichre euch, ich liebte mich selbst noch nie bis izt, da ich mich selbst in der schmeichelnden Tafel ihres Auges abgerissen finde.

Blanca (zu Ludwig.) Meines Oheims Wille ist in dieser Sache der meinige; was er nur immer an euch sehen mag, das ihm gefällt, dieses Etwas, das ihm gefällt, kan ich ohne Mühe zu meinem Willen übertragen; oder, um eigentlicher zu reden, wenn ihr wollt, kan ich es leicht meiner Liebe aufnöthigen. Milord, ohne euch über alles was ich liebenswürdiges an euch sehe, zu schmeicheln, will ich nur soviel sagen, daß ich nichts an euch sehe, was, wenn gleich die Tadelsucht selbst Richter seyn sollte, einiges Hasses würdig wäre.

König Johann. Was sagen diese jungen Leute? Was sagt ihr, meine Nichte?

Blanca. Daß ihre Ehre sie verbindet, alles zu thun, was eurer Klugheit ihr zu befehlen belieben wird.

König Johann. Redet dann, Prinz Dauphin, könnt ihr diese Lady lieben?

Ludwig. Fragt mich vielmehr, ob es mir möglich sey, sie nicht zu lieben; denn ich liebe sie im höchsten Grade.

König Johann. So geb' ich dir also Volquessen, Touraine, Maine, Poitiers und Anjou, diese fünf Provinzen, mit ihr; und über dieses noch die volle Summe von dreyßigtausend Mark Englischen Geldes. Philipp von Frankreich, wenn du damit zufrieden bist, so befiehl deinem Sohn und deiner Tochter einander die Hände zu geben.

König Philipp. Wir sind es vollkommen zufrieden, ihr jungen Prinzen, vereinigst eure Hände.

Östreich. Und eure Lippen dazu; denn ich erinnre michs noch wohl daß ich es so machte, wie ich das erstemal versprochen wurde.

König Philipp. Nun, ihr Bürger von Angiers, öffnet eure Thore, um die Freundschaft einzulassen die ihr gestiftet habt, damit ohne Verzug diese Vermählung in St. Martins Capelle sollennisirt werden könne. Ist die Lady Constantia nicht in dieser Gesellschaft? Doch sie kan nicht hier seyn; ihre Gegenwart würde diesem neugeschloßnen Verglich ein starkes Hinderniß in den Weg gelegt haben. Wo ist sie, und ihr Sohn, wer kan es mir sagen?

Ludwig. Sie sizt voll Traurigkeit und Unwillen in Eurer Majestät Gezelt.

William Shakespeare
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