Salisbury. Oder vielmehr uns auf den Weg machen, denn wir werden zween lange Tagreisen haben, eh wir bey ihm eintreffen werden. (Faulconbridge zu den Vorigen.)

Faulconbridge. Ich freue mich, euch noch einmal anzutreffen, Milords; der König ersucht durch mich um eure unverzügliche Gegenwart.

Salisbury. Der König hat sich selbst aus unserm Besiz gesezt; wir wollen seinen dünnen besudelten Rok nicht mit unsrer reinen Ehre füttern, noch den Fuß begleiten, der, wohin er tritt, blutige Fußstapfen zurük läßt. Kehrt zurük, und sagt ihm das; wir wissen das ärgste.

Faulconbridge. Was ihr auch denken möget, so wären gute Worte, wie ich glaube, das beste.

Salisbury. Sir, Sir, Ungeduld hat ein Privilegium.

Faulconbridge. Es ist wahr, seinem Besizer zu schaden, und sonst niemandem.

Pembroke. Hier ist das Gefängniß; wer ligt hier?

(Indem er Arthur gewahr wird.)

Salisbury. O Tod, stolz auf die Zerstörung dieser reinen und fürstlichen Schönheit. Die Erde hat keine Grube, diese That zu verbergen.

Bigot. Der Meuchelmord, als ob er selbst verabscheute, was er gethan hat, legt sie offenbar zur Schau aus, um die Rache aufzureizen.

Salisbury. Sir Richard, was denkt ihr? Habt ihr jemals so etwas gesehen, oder gelesen, oder gehört, oder euch vorstellen können, als ihr hier sehet; ja, könnt ihr es begreiffen, ob ihr's gleich sehet? Könnte die Denkungs-Kraft, ohne einen solchen Gegenstand, eine solche Vorstellung hervorbringen? Es ist der Gipfel, die höchste Spize, das Äusserste von dem Äussersten was der Meuchelmord wagen kan; es ist die blutigste Schandthat, die wildeste Unmenschlichkeit, der niederträchtigste Streich, den jemals die starr-augichte Wuth den Thränen des sanften Mitleidens dargestellt hat.

Pembrok. Alle Mordthaten die jemals geschehen sind, werden durch diese entschuldiget; sie ist so einzig, so mit keiner andern zu vergleichen, daß sie die noch ungebohrnen Sünden der Zukunft rein und heilig, und einen jeden Menschen-Mord zu einem blossen Scherz macht, in Vergleichung mit diesem abscheulichen Spektakel.

Faulconbridge. Es ist eine verfluchte That, eine gottlose That einer mördrischen Hand, wenn es anders die That irgend einer Hand ist.

Salisbury. Wenn es die That irgend einer Hand ist? Wir hatten eine Art von Licht, was erfolgen würde. Es ist die schändliche That von Huberts Hand, die hierinn das Werkzeug zu dem Willen des Königs gewesen ist. Und hier, schwöre ich meine Seele von allem Gehorsam gegen ihn los, hier vor dem Ruin dieses anmuthigen Lebens kniend, und athme zu dieser athemlosen Vortreflichkeit den Weyhrauch eines Gelübdes, eines heiligen Gelübdes, daß ich eher von keinem Vergnügen des Lebens kosten, eher keiner Freude und keiner Ruhe den Zutritt zu mir lassen will, bis ich diese ermordete Unschuld durch die feyrlichste Rache versöhnt haben werde.

Pembrok. Bigot. Unsre Seelen bekräftigen dein heiliges Gelübde!

Sechste Scene. (Hubert zu den Vorigen.)

Hubert. Milords, ich suche euch allenthalben mit feurigster Eile; Arthur lebt, und der König sendet nach euch.

Salisbury. O, er ist kühn und erröthet nicht zu todt; hinweg, du verabscheuter Lasterbube, aus meinem Gesicht!

Hubert. Ich bin kein Lasterbube.

Salisbury. Muß ich dem Gesez zuvorkommen?

(Er zieht seinen Degen.)

Faulconbridge. Euer Schwerdt ist glänzend, Sir, stekt es wieder ein.

Salisbury. Nicht eher, bis ich ihm eines Mörders Haut zur Scheide gemacht habe.

Hubert. Zurük, Lord Salisbury; zurük, sag ich; beym Himmel, mein Degen ist so scharf als der eurige; ich möchte nicht, Lord, daß ihr euch selbst vergässet, oder die Gefahr meiner abgenöthigten Gegenwehr reiztet; oder ich möchte, von eurer Wuth aufgefodert, euern Werth, euern Adel und eure Grösse vergessen.

Bigot. Hinweg, Misthaufe, unterstehst du dich einem Edelmann zu trozen?

Hubert. Nicht für mein Leben; aber meine Unschuld untersteh ich mich gegen einen Kayser zu vertheidigen.

Salisbury. Du bist ein Mörder.

Hubert. Zwingt mich nicht es zu werden; izt, bin ich noch keiner; Wessen Zunge falsch redet, redt nicht wahr, und wer nicht wahr redt, lügt.

William Shakespeare
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