Gott weiß, daß es mir gleichgültig ist, ob ich bin, oder ob ich nicht bin.
York. Gut, betragt euch wohl in diesem Frühling einer neuen Zeit, sonst möchtet ihr abgeschnitten werden, eh ihr geblüht habt. Was giebts neues von Oxford? Dauren diese Lustbarkeiten und Ritterspiele noch immer fort?
Aumerle. So viel ich weiß, noch immer.
York. Geht ihr auch dahin?
Aumerle. Wenn Gott es nicht verhindert, so ist es mein Vorsaz.
York. Was für ein Siegel ist das, so aus deinem Busen heraushängt--Wie, du erblassest? Laß mich die Schrift sehen.
Aumerle. Es ist nichts, Milord.
York. So ist auch nichts daran gelegen, daß ichs sehe. Ich will befriedigt seyn, laß mich die Schrift sehen.
Aumerle. Ich bitte Euer Gnaden um Vergebung; es ist eine Kleinigkeit, die ich aus gewissen Ursachen nicht gerne sehen lassen möchte.
York. Die ich aus gewissen Ursachen sehen will, Herr. Ich fürchte, ich fürchte--
Herzogin. Was könnt ihr fürchten, Milord? Es wird nichts als irgend eine Handschrift seyn, die er wegen seiner Equipage zum Einzug ausgestellt haben wird.
York. Ich glaube du bist nicht klug, Weib--Jung, laß mich die Schrift sehen.
Aumerle. Ich bitte euch, haltet mir's zu Gnaden; ich kan es nicht sehen lassen.
York. Ich will es aber sehen, sag ich--
(Er reißt ihms weg und ließt es.)
Verrath! Schändlicher Hochverrath! Nichtswürdiger! Verräther! Sclave!
Herzogin. Was ist es dann, Milord?
York. He! wer ist da drinn? Sattlet mein Pferd. Himmel, was für eine Verrätherey ist das!
Herzogin. Wie, was ist es, Milord?
York. Meine Stiefel her, sag ich; sattlet mein Pferd. Nun bey meiner Ehre, bey meinem Leben, ich will dein Ankläger seyn, Bösewicht.
Herzogin. Was ist es dann?
York. Still, närrisches Weibsbild.
Herzogin. Ich will nicht still seyn; was ist es, Sohn?
Aumerle. Meine gute Mutter, gebt euch zufrieden, es ist nichts mehr, als wovor mein armes Leben gut stehen muß.
Herzogin. Dein Leben!
Fünfte Scene (Ein Bedienter kommt mit Stiefeln herein.)
York. Gieb mir die Stiefel her; ich will zum Könige.
Herzogin. Schlag ihn zu Boden, Aumerle--(Armer Junge, du bist betäubt.) Weg, Schurke, und komm mir nicht mehr vor die Augen.
(Zum Bedienten.)
York. Meine Stiefel!
Herzogin. Wie, York, was willt du thun? Du willt den Tod deines eignen Kinds befördern? Haben wir noch mehr Söhne? Oder können wir noch mehr bekommen? Willt du meinen einzigen Sohn in meinem Alter von mir reissen, und mich des glükseligen Namens einer Mutter berauben? Ist er nicht dein eigen?
York. Du zärtliche Thörin! Wolltest du diese schwarze Zusammenverschwörung verheeren? Ihrer Zwölfe haben das Sacrament empfangen, und sich die Hände darauf gegeben, den König zu Oxford zu ermorden.
Herzogin. Das soll er nicht; wir wollen ihn hier behalten.
York. Weg, närrisches Weib. Wär' er zwanzigmal mein Sohn, so wollt' ich ihn angeben.
Herzogin. Hättest du seinetwegen ächzen müssen wie ich, du würdest mitleidiger seyn. Aber nun merke ich deine Gedanken; du argwöhnest, daß ich deinem Bette ungetreu gewesen sey, und daß er ein Bastard sey, nicht dein Sohn; liebster York, liebster Gemal, denke nicht so; er ist dir so gleich als man seyn kan; er ist weder mir noch irgend jemand aus meiner Verwandtschaft ähnlich, und doch lieb ich ihn.
York. Aus dem Weg, widerspenstiges Weibsbild.
(Er geht ab.)
Herzogin. Geh ihm nach, Aumerle; besteig' sein Pferd, sporn' es so gut, daß du vor ihm zum König kommst, und bitt' um Gnade, eh er dich anklagen kan. Ich will nicht lange dahinten bleiben; wenn ich schon alt bin, so will ich doch noch wol so schnell reiten als York; und nimmer will ich vom Boden aufstehen, bis Bolingbroke dich begnadigt hat. Hinweg.
(Sie gehen ab.)
Sechste Scene. (Verwandelt sich in den Hof zu Windsor.) (Bolingbroke, Percy, und andre Lords treten auf.)
Bolingbroke. Kan mir niemand Nachricht von meinem ungerathnen Sohne geben? Es sind volle drey Monate, seitdem ich ihn das leztemal sah.