Macbeth

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Angus. Wir sind abgeschikt, dir den Dank unsers Königlichen Herrn zu bringen; allein, dich als Herolde bey ihm aufzuführen, nicht dich zu belohnen.

Rosse. Und um dir ein Pfand der grössern Ehren, so er dir zugedacht hat, zu geben, befahl er mir, dich Than von Cawdor zu grüssen; und in diesem neuen Titel, Heil dir, würdigster Than!

Banquo (vor sich.) Wie? Kan der Teufel wahrsagen?

Macbeth. Der Than von Cawdor lebt; wie kleidet ihr mich also in seinen geborgten Schmuk?

Angus. Er lebt noch, der es einst war; aber nur so lange, bis das über ihn ausgesprochene Urtheil des Todes vollzogen seyn wird. Ob er mit Norwegen in geheimem Verständniß war, oder die Rebellen durch Aufmunterungen und Vorschub unterstüzte, oder ob er mit beyden am Untergang seines Vaterlands arbeitete, weiß ich nicht; aber gewiß ist, daß erwiesner und von ihm selbst bekannter Hochverrath ihn gestürzt hat.

Macbeth (bey Seite.) Glamis und Than von Cawdor! Das Grösseste ist noch zurük.

(Zu Angus.)

Ich danke euch für eure Bemühung.

(Zu Banquo.)

Hoft ihr nun nicht, daß eure Kinder Könige seyn werden; da diejenigen, die mir den Than von Cawdor gaben, ihnen nicht weniger verhiessen?

Banquo. Wenn es zuverläßig wäre, so möchte es euch reizen, den Than von Cawdor zu vergessen, und die Crone selbst zu suchen--Es ist wunderbar! und oftmals, um uns zu unserm Verderben zu gewinnen, sagen uns die Werkzeuge der Finsterniß Wahrheiten; bestechen uns mit unschuldigen Kleinigkeiten, um uns zu Verbrechen von den schreklichsten Folgen zu verleiten.

(Zu Roß und Angus.)

Vettern, ein Wort mit euch, wenn ich bitten darf.

(Sie gehen auf die Seite.)

Macbeth (vor sich.) Zwo Wahrheiten sind gesagt, als glükliche Prologi zu dem erhabnen Aufzug von Königlichem Inhalt. Ich danke euch, meine Herren-- Dieser übernatürliche Unterricht kan nicht böse seyn--und kan auch nicht gut seyn. Ist er böse, warum gab er mir durch Erfüllung der ersten Verheissung ein Pfand der andern? Ich bin Than von Cawdor. Ist er gut, warum überfällt mich diese Versuchung, vor deren scheußlicher Vorstellung sich mein Haar emporsträubt, und mein sonst festes Herz an meine Rippen schlägt?--Die That selbst ist weniger entsezlich, als die Vorstellung der geschrekten Einbildungskraft. Dieser Gedanke, dessen Mord doch nur ein Hirngespenste ist, erschüttert meine ganz innerliche Welt so heftig, daß alle andre Arbeit meiner Lebenskräfte still steht, und mir nichts zu seyn scheint als was nicht ist.

Banquo. Seht, wie unser Gefährte verzükt ist!

Macbeth. Wenn das Schiksal will daß ich König sey, nun, so mag mich das Schiksal krönen, ohne daß ich darnach strebe.

Banquo (zu den andern.) Die neuen Ehren, womit er bekleidet worden, sind wie fremde Kleidungen, die uns nicht recht anpassen, bis wir sie durch öfters Tragen gewohnt sind.

Macbeth (vor sich.) Komme, was kommen mag--Die Zeit rennt mit ihrem Stundenglas durch den raschesten Tag.

Banquo. Würdiger Macbeth, wir warten, bis es euch gelegen ist--

Macbeth. Vergebet mir! mein tolles Gehirn arbeitete vergeßne Dinge hervor-- Edle Freunde, eure Bemühungen sind da eingetragen, wo ich jeden Tag das Blatt umschlage, sie zu lesen--Laßt uns zum König eilen;

(zu Banquo.)

Denkt an das was begegnet ist, und wenn wir's indeß besser erwogen haben, laß uns aus offnem Herzen uns davon besprechen.

Banquo. Sehr gerne.

Macbeth. Bis dahin, genug hievon: Kommt, Freunde.

(Sie gehen ab.)

Sechste Scene. (Verwandelt sich in den Palast.) (Trompeten. Der König, Malcolm, Donalbain, Lenox und Gefolge treten auf.)

König. Ist das Urtheil an Cawdor schon vollzogen? Oder sind unsre Commissarien noch nicht zurükgekommen?

Malcolm. Gnädigster Herr, sie sind noch nicht zurük. Aber ich habe mit einem gesprochen, der ihn sterben sah; der mir sagte, daß er seine Verräthereyen sehr aufrichtig bekannt, Eure Hoheit um Vergebung gebeten, und eine tiefe Reue bliken gelassen. Das schönste in seinem Leben war die Art wie er's verließ: Er starb wie einer der auf seinen Tod studiert hat, um das kostbarste was er besaß so gleichgültig wegzuwerfen, als ob es die schlechteste Kleinigkeit wäre.

William Shakespeare
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