Macbeth

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Lady. Du bist nicht klug, das zu sagen; ist dein Herr nicht bey ihm? und würd' er, wenn es so wäre, nicht, der Anstalten wegen, hieher geschikt haben?

Courier. Mit Euer Gnaden Erlaubniß, es ist wie ich sage; unser Than ist im Anzug; er hat einen von meinen Cameraden vorausgeschikt, der, beynahe athemloß, kaum noch soviel hatte, daß er seinen Auftrag ausrichten konnte.

Lady. Sorgt für ihn; er bringt eine grosse Zeitung.

(Der Courier geht ab.)

Der Rabe selbst würde mir lieblich singen, der mir Duncans fatale Ankunft unter meine Zinnen krähen würde. Kommt izt, ihr Geister alle, deren Geschäft es ist tödliche Gedanken einzuhauchen, kommt und entweibet mich hier; füllt mich vom Wirbel bis zum Zehen Topfeben mit Grausamkeit an; macht mein Blut dik, verstopft die Zugänge der Reue, daß keine Stiche der wiederkehrenden Natur mein gräßliches Vorhaben erschüttern, noch zwischen den Gedanken und seine Vollziehung treten! Kommt in meine weiblichen Brüste, und macht meine Milch zu Galle, ihr mördrischen Geister, wo ihr immer in unsichtbaren Gestalten auf das Verderben der Menschen laurt-- Komm, dike Nacht! und hülle dich in den schwärzesten Dampf der Hölle, damit mein scharfer Dolch die Wunde nicht sehe, die er macht, noch der Himmel durch den Vorhang der Finsterniß guke, und ruffe: Halt, halt! -- (Macbeth tritt auf.) Grosser Glamis! würdiger Cawdor!

(Sie umarmt ihn.)

Grösser als beydes durch den Gruß der auf diese folgte! Dein Schreiben hat mich aus dieser armseligen Zeit hinweggerükt, und ich fühle im Gegenwärtigen schon das Künftige.

Macbeth. Theurste Liebe, Duncan kommt diese Nacht hieher.

Lady. Und wenn geht er wieder?

Macbeth. Morgen, wie er sich vorgesezt hat.

Lady. O nimmer soll die Sonne diesen Morgen sehn! Euer Gesicht, mein Than, ist wie ein Buch, worinn man gefährliche Dinge lesen könnte. Heißt euer Gesicht aussehen, wie es die Zeit erfordert; traget freundlichen Willkomm in euern Augen, auf eurer Zunge, in eurer Hand; seht wie die unschuldige Blume, aber seyd die Schlange unter ihr. Geht, und sorget für die Aufnahme dessen der kommen soll, und überlasset meiner Sorge das grosse Geschäfte dieser Nacht, welches allen unsern künftigen Tagen und Nächten die ungetheilte und unumschränkte Herrschaft geben soll.

Macbeth. Wir wollen mehr davon reden.

Lady. Seht nur heiter aus; Furcht ist immer ein Hinderniß des Glüks; überlaßt alles andre mir.

(Sie gehen ab.)

Achte Scene. (Vor Macbeths Schloß-Thor.) (Hautbois und Fakeln. Der König, Malcolm, Donalbain, Banquo, Lenox, Macduff, Rosse und Angus, samt Gefolge treten auf.)

König. Dieses Schloß hat eine angenehme Lage, die Luft empfiehlt sich durch ihre Feinheit und Milde unserm allgemeinen Sinn.

Banquo. Dieser Gast des Sommers, die Tempel-bewohnende Mauer-Schwalbe, beweist durch seine Liebe zu diesem Aufenthalt, daß des Himmels Athem hier lieblich schmekt. Ich sehe keine hervorragende Friesen, keine Verzahnung und keinen Strebe-Pfeiler hier, wo dieser Vogel nicht sein hangendes Bette, die Wiege für seine Jungen, gemacht hätte; und ich habe bemerkt, daß an den Orten, wo sie sich am liebsten aufhalten, die Luft allemal vorzüglich mild ist. (Lady Macbeth zu den Vorigen.)

König. Seht hier unsre edle Wirthin! Die Liebe die uns folgt, macht uns zuweilen Unruh, aber wir danken ihr doch, weil es Liebe ist. Laßt euch dieses zum Beweggrund dienen, uns gerne zu haben, ob wir euch gleich Unruhe machen.

Lady. Alle unsre Dienste, in jedem Stük zweymal verdoppelt, wären noch immer arm und unvermögend, die grosse Ehre zu erkennen, womit Eu. Majestät unser Haus begnadigt. Es bleibt uns nichts übrig, als für die alten Gnaden-Bezeugungen sowol, als die neuen, die über jene aufgehäuft worden, eure armen Fürbitter zu bleiben.

König. Wo ist der Than von Cawdor? Wir folgten ihm an den Fersen nach, und nahmen uns vor, seinen Haus-Meister zu machen: Aber er reitet gut, und seine Liebe zu uns hat ihm so schnelle Flügel angesezt, daß er vor uns angekommen ist. Schöne und edle Wirthin, wir sind euer Gast auf diese Nacht.

William Shakespeare
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