Macbeth

Page 17

Esset und gebt nicht acht auf ihn.--

(Bey Seite zu Macbeth.)

Seyd ihr ein Mann?

Macbeth. Ja, und ein herzhafter dazu, weil ich den Muth habe etwas anzuschauen, das den Teufel erblassen machen könnte.

Lady (bei Seite.) O vortrefliches Zeug! das ist wieder die Mahlerey eurer Furcht; das ist der in der Luft gezükte Dolch, der euch, sagtet ihr, zu Duncan leitete--O! diese Einfälle und Erscheinungen würden sich besser in ein von der Großmutter geerbtes Weiber-Mährchen bey einem Winter-Feuer schiken--Schämt euch! Was macht ihr für Gesichter? Wenn alles vorbey ist, so seht ihr weder mehr noch weniger als einen Stuhl.

Macbeth. Ich bitte dich, sieh hieher! Sieh! Schau! he! was sagt ihr?

(Er zeigt mit dem Finger auf den Geist.)

Wie? was frag ich darnach? wenn du niken kanst, so red' auch!-- Wenn Beinhäuser und Gräber diejenigen, die wir begraben, zurüksenden müssen: So sollen künftig die Magen der Geyer unsre Grabmäler seyn.

(Der Geist verschwindt.)

Lady (immer bey Seite.) Wie? noch immer so unmännlich thöricht!

Macbeth. So wahr ich hier stehe, ich sah ihn--

Lady. Fy, schämt euch!

Macbeth. Es ist von jeher Blut vergossen worden, schon in jenen alten Zeiten, eh noch menschliche Sazungen das gemeine Wesen säuberten; ja, und von dort an bis izt sind Mordthaten verübt worden, die zu entsezlich sind, um angehört zu werden. Es war immer so, daß wenn einem das Hirn heraus war, so starb der Mann und dann war's aus; aber izt steigen sie mit zwanzig tödlichen Wunden auf ihrem Kopfe wieder hervor, und vertreiben uns aus unsern Stühlen; das ist weit seltsamer als ein solcher Mord.

Lady (laut.) Mein liebster Gemahl, eure Freunde vermissen euch.

Macbeth. Ich vergaß mich--

(laut.)

Gebt nicht acht auf mich, meine würdigste Freunde, ich bin einer wunderlichen Schwachheit unterworfen, aber es ist nichts für diejenigen, die ihrer gewohnt sind--Kommt, ich will erst auf eure Gesundheit trinken, und mich dann sezen: Gebt mir Wein, füllt den Becher voll--ich trinke auf das Wohlseyn der ganzen Tafel und unsers theuren Freunds Banquo, den wir vermissen; ich wollt' er wäre hier! auf seine und aller Gesundheit!

Lords. Wir danken unterthänigst.

(Der Geist steigt wieder empor.)

Macbeth. Hinweg, aus meinem Gesicht! Laß die Erde dich verhüllen! Deine Beine sind marklos, dein Blut ist kalt, du hast keine Seh-Kraft in diesen Augen, mit denen du mich so drohend anstarrest.

Lady. Haltet das, meine edlen Lords, für nichts als eine gewöhnliche Sache; es ist nicht anders; das einzige ist, daß es das Vergnügen unterbricht, das wir gehabt hätten.

Macbeth. Was ein Mann darf, darf ich auch--Komm du in der Gestalt eines Russischen Bären auf mich zu, eines gewafneten Nashorns, oder eines Hyrkanischen Tygers; komm in einer jeden andern Gestalt, als dieser, und meine starken Nerven sollen nie erzittern: Oder lebe wieder auf, und fordre mich in eine Wüste auf den Degen aus; wenn ich's zitternd abschlage, dann nenne mich die Puppe eines Mädchens. Hinweg, schreklicher Schatten! Unwesentliches Schrek-Bild, weg!--

(Der Geist verschwindet.)

Wie, so--sobald du fort bist, bin ich wieder ein Mann:

(Die Lords stehen auf.)

Ich bitte euch, bleibt sizen.

Lady. Ihr habt durch diese ungewohnten fieberhaften Anstösse unsre gute Gesellschaft aus der Fassung gebracht, und die Frölichkeit verbannt. Kan man denn solche Dinge nicht wie eine Sommer-Wolke vorbey gehen lassen, ohne so ausser sich selbst zu kommen?

Macbeth. Ihr sezt mich in ein noch grössres Erstaunen, als worinn ich vor war, wenn ich denke, daß ihr solche Erscheinungen anschauen, und die natürliche Rubin-Farbe eurer Wangen behalten könnt, wenn die meinigen vor Entsezen weiß werden!

Rosse. Was für Erscheinungen, Gnädigster Herr?

Lady. Ich bitte euch, redet nicht; er wird immer schlimmer und schlimmer; Fragen machen ihn vollends rasend: Gute Nacht, allen auf einmal. Wartet nicht auf Befehl zum Aufstehen, sondern geht alle zugleich.

Lenox. Wir wünschen Sr. Majestät gute Nacht, und bessere Gesundheit.

William Shakespeare
Classic Literature Library

All Pages of This Book