Macbeth

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Seyton. Es ist noch nicht nöthig.

Macbeth. Ich will sie anlegen. Schikt mehr Reuter aus, stöbert die ganze Landschaft auf, laß die Schurken aufhängen, die von Furcht reden. Gieb mir meine Rüstung. Was macht eure Patientin, Doctor?

Arzt. Gnädigster Herr, ihre Krankheit besteht hauptsächlich in schwermüthigen Einbildungen, die sie in ihrer Ruhe stören.

Macbeth. So heile sie davon. Kanst du die Schmerzen eines kranken Gemüths nicht stillen, einen eingewurzelten Kummer aus dem Gedächtniß ziehen, die eingegrabnen Unruhen des Hirns ausglätten, und den überladenen Busen von diesem gefährlichen Unrath reinigen, der das Herz beklemmt?

Arzt. Hierinn muß der Kranke selbst das Beste thun.

Macbeth. Wirf deine Arzneyen den Hunden vor, ich will keine--Komm, leg mir meine Rüstung an; gieb mir meinen Stab. Seyton, schike du--Doctor, die Thanes fallen von mir ab--Kommt, Sir, macht hurtig--Doctor, wenn du das Wasser meines Lands besehen, seine Krankheit ausfündig machen, es ausreinigen und zu seiner vorigen Gesundheit wieder herstellen könntest, dann wollt ich dir zujauchzen, bis die weite Welt von allgemeinem Wiederhall erschallte--Zieh mich ab, sag' ich-- was für Rhebarber, Senesblätter, oder was für Purgazen könnten wol diese Engländer abtreiben? Hörst du nichts von ihnen?

Arzt. Ja, mein gnädigster Herr; eure königliche Zurüstungen machen, daß wir etwas davon hören.

Macbeth. Bring mir's in mein Zimmer--Mir kan der Tod nicht bange machen, bis der Birnam-Wald nach Dunsinan kommt.

(Er geht ab.)

Arzt. Wär' ich nur einmal mit ganzer Haut von Dunsinan, mich sollte sobald kein Gewinst wieder dahin ziehen.

(Geht ab.)

Vierte Scene. (Verwandelt sich in den Birnam-Wald.) (Malcolm, Siward, Macduff, Siward's Sohn, Menteth, Cathneß, Angus, und Soldaten, im Marsch.)

Malcolm. Vettern, ich hoffe der Tag ist nahe, da Schlaf-Zimmer wieder sicher seyn werden.

Menteth. Wir zweifeln nicht daran.

Siward. Wie heißt der Wald vor uns?

Menteth. Birnam-Wald.

Malcolm. Laßt jeden Soldaten sich einen Ast abhauen, und ihn vor sich her tragen; wir werden dadurch die Anzahl unsers Heers beschatten, und die Kundschafter in Verwirrung sezen.

Soldaten. Es soll geschehen.

Siward. Wir hören nichts anders, als daß der Tyrann sich noch immer in Dunsinan eingeschlossen hält, und es dort auf eine Belagerung ankommen lassen will.

Malcolm. Es ist seine lezte Hoffnung; er sieht sich von allen Seiten verlassen, und die ihm noch dienen, sind gezwungne Leute, deren Herzen abwesend sind.

Macduff. Laßt unsern gerechten Tadel die Bestätigung des Ausgangs erwarten, und schiken wir uns izt an, als brave Soldaten zu fechten!

Siward. Die Zeit ist da, die uns durch eine gerechte Entscheidung unsern König und unser Eigenthum zusprechen wird. Speculative Gedanken sagen nur ihre unsichre Hoffnungen; Streiche müssen den gewissen Ausgang entscheiden; und diesem laßt uns nun mit Muth entgegenziehen.

(Sie marschieren ab.)

Fünfte Scene. (Verwandelt sich in das Schloß Dunsinan.) (Macbeth, Seyton und Soldaten, mit Trummeln und Fahnen, treten auf.)

Macbeth. Hänget unsre Fahnen über die Mauren heraus, man schreyt immer: Sie kommen. Aber die Festigkeit unsers Schlosses spottet einer Belagerung. Laßt sie da ligen, bis Hunger und Fieber sie aufreiben. Wären sie nicht von denen unterstüzt, die auf unsrer Seite seyn sollten, wir wären ihnen zuversichtlich, Bart gegen Bart, entgegen gegangen, und hätten sie wieder heimgeprügelt--Was für ein Lerm ist das?

(Man hört ein Geschrey von Weibsleuten.)

Seyton. Es sind die Weibsleute, welche schreyen, Gnädigster Herr.

Macbeth. Ich habe die Furcht ganz verlernt; es war eine Zeit, da mich der Schrey einer Nachteule schauern gemacht hätte--Aber das ist nun anders; ich habe mit Schrekgespenstern zunachtessen gelernt: Das Entsezlichste ist mit meinen blutigen Gedanken so vertraulich worden, daß ich nicht mehr erschreken kan. Was bedeutete das Geschrey?

Seyton. Die Königin ist todt!

Macbeth. Sie hätte ein andermal sterben sollen; es würde wol einmal die Zeit dazu gekommen seyn.

William Shakespeare
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