Brabantio. Du bist ein Nichtswürdiger--

Jago. Ihr seyd ein Senator.

Brabantio. Du sollst mir das bezahlen. Ich kenne dich, Rodrigo.

Rodrigo. Mein Herr, ich bin für alles gut. Aber ich bitte euch, hört mich nur an. Wenn es mit euerm guten Willen und hochweisen Beyfall geschehen ist, (wie ich fast vermuthen sollte) daß eure schöne Tochter, in dieser nehmlichen Nacht, in keiner bessern Begleitung als eines gemietheten Schurken, eines Gondoliers, den viehischen Umarmungen eines geilen Mohren zugeführt worden; wenn das, sag ich, mit eurer Begnehmigung geschehen ist, so haben wir euch allerdings gröblich beleidiget. Wißt ihr aber nichts hievon, so sind wir diejenigen, die sich über Unrecht zu beschweren haben; oder ich verstehe nicht was die gute Lebensart mit sich bringt. Glaubet nicht, daß ich von allem Gefühl der Anständigkeit so sehr verlassen sey, daß ich aus blossem Muthwillen hieher kommen und Eure Excellenz zum Besten haben sollte. Ich sag es noch ein mal, wenn ihr eurer Tochter nicht die Erlaubniß dazu gegeben habt, so hat sie sich sehr vergangen, indem sie ihre Pflicht, ihre Schönheit, ihren Verstand, und ihr Vermögen einem herumirrenden Ritter, einem Abentheurer, aufopfert, der hier und allenthalben ein Fremdling ist-- Verzieht nicht länger; sezt euch selbst ins Klare: Wenn sie in ihrem Zimmer oder in euerm Hause zu finden ist, so laßt mich die ganze Strenge der Justiz dafür erfahren, daß ich euch so mißhandelt habe.

Brabantio. Schlagt Feuer, he! bringt mir ein Licht--Ruft meine Leute zusammen--Dieser Zufall sieht meinem Traum nicht ungleich, und ich sterbe vor Furcht, daß es so seyn möchte. He! Licht, sag ich, Licht!

Jago. Lebt wohl, ich kan mich nicht länger aufhalten--Es würde sich gar nicht wol für meinen Plaz schiken, und mir in keinerley Absicht gesund seyn, als ein Zeuge gegen den Mohren vorgeführt zu werden. Die Gründe, die ihn zum Heerführer in dem Cyprischen Kriege, worinn sie würklich begriffen sind, bestimmen, sind so dringend, daß sie, für ihre Seelen, keinen andern von seinem Gewicht finden können, dem sie dieses Geschäft mit Sicherheit anvertrauen dürften. Bey solchen Umständen muß ich, ob ich ihn gleich so herzlich hasse als die Pein der Hölle, doch äusserlich, meines eignen Vortheils wegen, dergleichen thun, als ob ich ihm gänzlich ergeben sey. Damit ihr ihn aber unfehlbar findet, so führet den Brabantio und seine Leute zum Schüzen, und dort werd' ich bey ihm seyn. Hiemit, gehabt euch wol.

(Jago geht ab.)

Dritte Scene. (Brabantio und einige Bediente mit Fakeln.)

Brabantio. Mein Unglük ist nur allzugewiß. Sie ist weg; und Schmach und Bitterkeit ist nun der Antheil meines übrigen Lebens. Nun, Rodrigo, wo sahst du sie? O, das unglükselige Mädchen! Mit dem Mohren, sagst du? Wer wollte mehr ein Vater seyn wollen?--Woher wußtest du, daß sie's war? O! das ist unbegreiflich, wie sehr ich mich an ihr betrogen habe!--Was sagte sie zu euch?--Noch mehr Fakeln her--Ruft meine ganze Verwandtschaft zusammen--meynt ihr, sie seyen schon verheurathet?

Rodrigo. Ich denke freylich, sie sind's.

Brabantio. O Himmel! wie ist's möglich, daß sie so aus der Art schlagen konnte!--Väter, forthin trauet euern Kindern nicht weiter als ihr sie sehet. Giebt es nicht Zauber-Mittel, wodurch die Unschuld eines jungen unwissenden Mädchens verführt werden kan? Habt ihr nichts von dergleichen Dingen gelesen, Rodrigo?

Rodrigo. Ja mein Herr, das hab' ich, in der That.

Brabantio (zu einem Bedienten.) Ruft meinen Bruder; oh, wie wollt' ich izt, ihr hättet sie gehabt, auf eine oder die andre Art--Wißt ihr, wo wir sie und den Mohren antreffen können?

Rodrigo. Ich denke, ich werde sie entdeken können, wenn es euch gefällt, unter einer guten Bedekung mit mir zu gehen.

Brabantio. Ich bitte euch, geht voran. Ich will von Hause zu Hause ruffen; ich kann befehlen, wenn's nöthig ist; schafft Waffen her, holla! und holt einige Officiers, auf die man sich verlassen kan--Geht, mein guter Rodrigo, ich will dankbar für eure Bemühung seyn.

William Shakespeare
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