Mein Geld ist beynah aufgebraucht; heute Nachts bin ich ganz unvergleichlich abgeprügelt worden; und ich denke, das Ende vom Liede wird seyn, daß ich so viel Erfahrung für meine Mühe habe; und so werd' ich mit einem leeren Beutel und einem Bißchen mehr Wiz wieder nach Venedig zurük kehren--

Jago. Was für elende Leute sind doch die, so keine Geduld haben können! Wenn heilt jemals eine Wunde anderst als nach und nach--Du weißst doch, daß wir nicht zaubern können, sondern daß alles was wir thun, natürlich zugehen muß; und die Natur will ihre Zeit haben. Wo fehlt es dann, laßt sehen? Cassio hat dich geprügelt, und du hast für ein paar arme Schläge diesen Cassio cassiert--Was reiff werden soll, muß erst blühen. Gedulde dich noch ein wenig: Es ist würklich schon Tag. Vergnügen und Arbeit machen, daß uns die Stunden kurz scheinen. Entfern' dich; geh, wohin du angewiesen bist; geh, sag ich--du sollst bald mehr von mir hören--Nun, so geh doch--

(Rodrigo geht.)

Nun sind zwey Dinge zu thun; mein Weib muß für den Cassio zur Desdemonen gehen, und das will ich bald veranstaltet haben; ich muß indeß den Mohren auf die Seite nehmen, und ihn nicht eher wieder erscheinen lassen, als gerade wenn er den Cassio bey seiner Frauen überraschen kan--ja, so muß es gehen--und das Eisen soll geschmiedet werden, weil es noch warm ist.

(Er geht ab.)

Dritter Aufzug.

Erste Scene. (Vor Othello's Pallast.) (Cassio, mit Musicanten, tritt auf.)

Cassio. Meine Herren, hier spielt eins, (ich will eure Mühe vergelten,) etwas das nicht zu lange währt, und dann wünscht dem General einen guten Morgen.

(Die Musik fängt an; Hans Wurst kommt aus dem Hause heraus.)

Hans Wurst. Wie, ihr Herren, sind eure Instrumente in Neapel gewesen, daß sie so durch die Nase reden?--Hier ist Geld für euch; eure Musik gefällt dem General so wol, daß er wünscht, ihr möchtet ihm den Gefallen thun, und nicht gar zu laut damit seyn.

Musicant. Gut, Herr, wir wollen's leiser machen.

Hans Wurst. Wenn ihr eine Musik habt, die man nicht hört, so macht immer fort: Aber was man heißt, Musik zu hören, davon ist der General kein sonderlicher Liebhaber.

Musicant. Eine Musik, die man nicht hört?--Wir können eine solche, Herr.

Hans Wurst. So stekt eure Pfeiffen wieder in euern Sak, und zieht ab. Geht, zerfließt in Luft, fort.

(Die Musicanten gehen ab.)

Cassio. Hörst du, guter Freund?

Hans Wurst. Mit beyden Ohren.

Cassio. Hier ist ein kleines Goldstük für dich; wenn die Kammer-Frau der Generalin auf ist, so sag' ihr, es sey ein gewisser Cassio da, der sich die Erlaubniß ausbitte, ein paar Worte mit ihr zu reden. Willt du?

Hans Wurst. Sie ist auf, Herr; wenn sie mir in den Wurf kommt, so will ich nicht ermangeln, es ihr zu notificieren.

(Er geht.)

Cassio. Thu das, guter Freund--Da kommt Jago eben recht.

Jago. (zu ihm.) Ihr seyd also nicht zu Bette gegangen?

Cassio. Nein, gewiß nicht; der Tag brach ja schon an, eh wir schieden. Ich bin so frey gewesen, und habe eure Frau hieher bitten lassen; ich will sie ersuchen, sie möchte mir Zutritt bey Desdemona verschaffen.

Jago. Ich will sie augenbliklich hieher schiken, und indeß ein Mittel ausfindig machen, um den Mohren auf die Seite zu bringen, damit ihr ungehindert mit Desdemonen sprechen könnt.

(Er geht ab.)

Cassio. Ich dank euch gehorsamst davor--In meinem Leben hab' ich keinen gutherzigern und ehrlichern Florentiner gesehen! (Aemilia zu Cassio.)

Aemilia. Guten Morgen, Herr Lieutenant. Es ist mir leid, daß ihr Verdruß gehabt habt; aber ich hoffe, es wird alles wieder gut werden. Der General und seine Gemahlin reden mit einander davon, und sie nimmt eure Parthey sehr lebhaft. Der Mohr hält ihr entgegen, derjenige, den ihr verwundet hättet, sey ein Mann von grossem Namen in Cypern, und von einer ansehnlichen Familie; er könne aus politischen Ursachen nicht anders, als euch von sich entfernen. Jedoch versichert er zu gleicher Zeit, er liebe euch, und habe keine andre Fürbitter nöthig, um euch wieder bey ihm in Gunst zu sezen, als seine eigne Zuneigung.

William Shakespeare
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