Cassio. Reibt ihn um die Schläfe.
Jago. Nein, rührt ihn nicht an; man muß der Ohnmacht ihren ruhigen Gang lassen; oder, er fängt an zu schäumen, und bricht endlich völlig in die wildeste Tobsucht aus: Seht, er rührt sich; entfernt euch ein wenig, er wird gleich wieder zu sich selbst kommen; wenn er weg ist, so möcht' ich über eine Sache von grosser Wichtigkeit mit euch sprechen können.
(Cassio geht ab.)
--Wie steht's mit euch, Gnädiger Herr? Habt ihr den Kopf nicht angeschlagen?
Othello. Spottest du meiner noch?
Jago. Ich spotte, beym Himmel! nicht; aber ich wünschte, daß ihr euer Unglük wie ein Mann trüget.
Othello. Ein gehörnter Mann ist ein Ungeheuer; ein Unthier.
Jago. Wenn das ist, so giebt es in volkreichen Städten eine Menge Ungeheuer, und dazu noch recht zahme und manierliche Ungeheuer.
Othello. Er gestand's also selbst?
Jago. Liebster General, seyd ein Mann! denkt, es sind wenige bärtige Gesellen, die, wenn sie anders bejocht sind, nicht mit euch ziehen. Millionen Männer leben diesen Augenblik, die alle Nacht in einem Bette ligen, das sie mit andern theilen; und die doch schwüren, daß es ihnen eigen sey. Euer Fall ist doch noch besser. O, das ist des Teufels gröster Spaß, eine unzüchtige Meze in ein sichres Ehe- Bette zu legen, und sie für ein Tugendbild zu geben. Nein, besser ist's ich wisse's; wenn ich weiß, was ich bin, so weiß ich auch, was sie seyn soll.
Othello. O, du sprichst wie ein Orakel; das ist gewiß.
Jago. Geht nur eine kleine Weile bey Seite, verbergt euch, und habt ein wenig Geduld. Während daß ihr hier von euerm Schmerz so unmännlich überwältigt laget, kam Cassio hieher. Ich erdachte gleich etwas, um eurer Ohnmacht eine scheinbare Ursache zu geben, und schaffte ihn wieder weg, bat ihn aber bald wieder zu kommen, weil ich mit ihm zu reden hätte. Er versprach mir's. Verbergt euch also nur irgendwo, wo ihr ihn sehen könnt; und beobachtet das schelmische, triumphierende Lächeln, die hönische Züge, die sichtbare Leichtfertigkeit, die sein Geheimniß in seinem ganzen Gesicht verrathen. Denn er soll mir seine Erzählung wieder von vorn anfangen; wo, wie, wie oft, seit wie lange, und wenn er mit eurer Frau handgemein worden ist, und es noch ferner werden will; ich sage, gebt nur auf seine Mine Acht--O zum Henker, Geduld, oder ich muß endlich glauben, ihr seyd über und über lauter Galle, und habt nicht das mindeste von einem Mann.
Othello. Hörst du, Jago! Ich will dir zeigen, daß ich so lange geduldig scheinen kan, als es nöthig ist; aber eine blutige Rache soll mich davor schadlos halten.
Jago. Es läßt sich hören; aber nur alles zu rechter Zeit. Wollt ihr bey Seite gehen?
(Othello verbirgt sich.) (--Jago, ohne daß ihn Othello hören kan, fährt fort:)
Nun will ich den Cassio nach seiner Bianca fragen, einem Weibsbild, das seine Reizungen verkauft, um sich Brod und Kleider davor anzuschaffen. Die Närrin ist sterblich in Cassio verliebt, und zur Straffe davor, daß sie schon so viele betrogen hat, wird sie izt von ihm betrogen; denn er kan sich, wenn er nur von ihr reden hört, des überlauten Lachens nicht verwehren.--Da kommt er.
Dritte Scene. (Cassio (zu Jago.)
Jago. Je mehr er lachen wird, je mehr wird Othello rasen; sein Lächeln, seine Gebehrden, seine leichtsinnigen Manieren, seine kleinsten Bewegungen, werden durch die Auslegung, die der eifersüchtige Mohr davon macht, zu Verräthern an ihm werden Nun, wie geht's euch, Lieutenant?
Cassio. Desto schlimmer, weil ihr mir einen Charakter beylegt, dessen Beraubung mir das Leben zur Quaal macht.
Jago. Macht euch nur recht lebhaft an Desdemona, so kan's euch nicht fehlen. (leiser.) Gelt, wenn Bianca die Gewalt dazu hätte, wie schnell würdet ihr wieder hergestellt seyn.
Cassio (lachend.) Wie kommt ihr auf diese arme Närrin?
Othello (vor sich.) Seht, wie er schon lacht.
Jago. In meinem Leben hab' ich kein Weibsbild so verliebt in einen Mann gesehen.
Cassio. Der arme Tropf, ich denke, in der That, sie ist in mich verliebt.