Othello (vor sich.) Izt läugnet er's so ganz kaltsinnig, und lacht hinten nach.

Jago. Hört ihr, Cassio?

Othello (vor sich) Izt sezt er ihm zu, es ihm zu gestehen: Gut, gut, nur weiter!

Jago. Sie giebt aus, ihr wollt sie heurathen. Ist das eure Absicht?

Cassio. Ha, ha, ha!

Othello. Triumphierest du, Schurke? Triumphierest du?

Cassio. Ich, sie heurathen?--Eine barmherzige Schwester? Ich bitte dich, erweise meiner Vernunft so viel Christliche Liebe, und glaube etwas bessers von ihr. Ha, ha, ha!

Othello (vor sich.) So, so: Wer gewinnt, hat gut lachen.

Jago. In der That, die Rede geht, ihr werdet sie heurathen.

Cassio. Ich bitte dich, redst du im Ernst?

Jago. Ich will ein Schelm seyn, wenn es anderst ist.

Othello (vor sich.) Hast du mein Maß genommen? Nun, wohl dann!

Cassio. Wenn das ist, so kommt es von dem Affen selbst. Sie hat sich's in den Kopf gesezt, daß ich sie heurathen werde, und das bloß, weil sie es wünscht, und nicht, weil ich ihr's versprochen hätte.

Othello. Izt fängt er die Historie an--

Cassio. Sie war erst kürzlich hier; sie spükt mir nach, wo ich hingehe. Ich war neulich am Ufer, und sprach mit etlichen Venetianerinnen, da kommt die Närrin, und fällt mir so zärtlich um den Hals--

Othello (bey Seite.) Und ruft, o du allerliebstes Cassio, oder so was; seine Gebehrden sagen das.

Cassio. Hängt sich so an, und herzt und küßt mich, und weint auf mich, und schüttelt und drükt mich, so abscheulich zärtlich--Ha, ha, ha!--

Othello. Izt erzählt er, wie sie ihn in mein Schlafzimmer gezogen habe: O, ich sehe deine aufgestülpte Nase vor mir, aber ich seh' den Hund nicht, dem ich sie vorwerfen will.

Cassio. Gut, ich kan mich nicht länger hier aufhalten.

Jago. Wie es euch beliebt--Aber da kommt sie ja selbst.

Vierte Scene. (Bianca zu den Vorigen.)

Cassio. Was das für eine Meer-Kaze ist! Zum Henker, und sie riecht noch dazu nach Biesam:--Was soll denn das bedeuten, daß ihr mir so nachlauft?

Bianca. Das mag der Teufel und seine Großmutter thun! Sagt mir einmal, was wolltet ihr mit dem Schnupftuch, das ihr mir vorhin gegeben habt? Ich war wol eine grosse Närrin, daß ich's annahm: Ich sollte die Arbeit absehen? Ein feines Stük Arbeit, daß ihr in euerm Schlafzimmer gefunden habt, und wißt nicht, wer es da verlohren haben mag. Ich will nicht ehrlich seyn, wenn es nicht ein Geschenk von irgend einer ehrsamen Matrone ist; und ich soll die Arbeit dran absehen? Da, gebt es euerm Steken-Pferde: Woher ihr's auch haben mögt, ich will nichts daran absehen, ich.

Cassio. Nun, nun, meine schöne Bianca, sachte, sachte!

Othello (bey Seite.) Beym Himmel, das wird wohl mein Schnupftuch seyn.

Bianca. Wenn ihr heute zu mir zum Nachtessen kommen wollt, so könnt ihr; wo nicht, so kommt nicht eher als bis man Anstalten auf euch gemacht hat.

(Sie geht ab.)

Jago. Lauft ihr nach, lauft ihr nach.

Cassio. Das muß ich, sonst fangt sie auf der Strasse einen Lermen an.

Jago. Wollt ihr bey ihr zu Nacht essen?

Cassio. Ja, ich hab es im Sinn.

Jago. Gut, vielleicht seh ich euch dort; denn ich möchte sehr gern mit euch reden.

Cassio. Ich bitt euch, kommt; wollt ihr--

Jago. Verlaßt euch darauf--

(Cassio geht ab.)

Fünfte Scene. (Othello und Jago.)

Othello. Was für eine Todesart soll ich ihm anthun, Jago?

Jago. Habt ihr gesehen, wie lustig er sich mit seinem Verbrechen machte?

Othello. Oh, Jago!

Jago. Und saht ihr das Schnupftuch?

Othello. War's das meinige?

Jago. Das eurige, auf meine Ehre! und habt ihr gesehen, wie viel er sich aus dem einfältigen Geschöpf, eurer Frau, macht?--Sie gab es ihm und er verschenkt es an seine Hure!

Othello. Ich wollt, ich könnte neun Jahre lang an ihm morden--eine so artige Frau! Eine so schöne Frau! Eine so anmuthsvolle Frau!

Jago. Nein, das müßt ihr nun vergessen!

Othello. O, laß sie verfaulen, verdorren und zur Hölle fahren, eh es wieder Tag wird! leben soll sie nicht! Nein, mein Herz ist zu Stein worden: ich schlage drauf, und die Hand schmerzt mich davon--O, die ganze Welt hat keine reizendere Creatur! Sie hätte an eines Kaysers Seite ligen können, er würd' ihr Sclave gewesen seyn!

Jago. Nicht doch; das sind Gedanken, die gar nicht zur Sache taugen.

William Shakespeare
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