Timon von Athen

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Ihr Götter, denke ich, wozu brauchten wir Freunde zu haben, wenn wir sie niemals nöthig hätten; sie würden wie liebliche Instrumente seyn, die in Futteralen aufgehangen sind, und ihre Töne für sich selbst behalten. Mein Vertrauen zu euch geht so weit, daß ich mich oft ärmer gewünscht habe, damit ich euch näher kommen möchte; wir sind dazu gebohren, Gutes zu thun. Und was können wir gewisser und eigentlicher unser eigen nennen, als die Reichthümer unsrer Freunde? O! was für ein unschäzbarer Trost ist das, so viele zu haben, die, wie Brüder, einer über des andern Glük und Vermögen schalten können! O Freude, die schon eine Freude ist, eh sie gebohren werden kan! Meine Augen können nicht Wasser halten, däucht mich; ihren Fehler zu verbessern, trink ich euch zu!

Apemanthus. Du weinst nur, um zu machen, daß sie dich trinken.

Lucullus. Das Vergnügen ward auf die nemliche Art in unsern Augen empfangen, und kam in demselben Augenblik wie ein neugebohrnes Kind hervor.

Apemanthus. Ho, ho! ich muß lachen, wenn ich denke, daß dieses Kind ein Bastard ist.

Ein andrer von den Gästen. Ich versichre euch, ihr habt mich ausserordentlich gerührt.

Apemanthus. Ausserordentlich!

(Man hört einen Trompeten-Stoß.)

Timon. Was will diese Trompete? was giebt's? (Ein Bedienter kommt herein.)

Bedienter. Gnädiger Herr, es sind etliche Frauenzimmer draussen, welche gerne vorgelassen werden möchten.

Timon. Frauenzimmer? Was wollen sie?

Bedienter. Sie bringen einen Vorredner mit, der das Amt trägt, ihr Gewerb anzubringen.

Timon. Ich bitte, laßt sie hereinkommen. * Diese Scytische Art zu reden, ist nicht im Character eines Atheniensers, noch des Alcibiades. Der Alcibiades unsere Autors in diesem Stük gleicht dem Alcibiades, den Plutarch schildert, wie ein Affe einem Menschen; er ist ein Held in Ostadens Geschmak gemahlt, oder wie--(Dieu le Pere dans sa gloire éternelle, peint galamment dans le gout de Wateau.)

Sechste Scene. (Cupido mit etlichen Weibspersonen, die als Amazonen gekleidet sind, und ein Balletformiren.)

Cupido. Heil dir, würdiger Timon, und euch allen, die seine Gütigkeiten schmeken! Die fünf vorzüglichsten Sinnen erkennen dich für ihren Gutthäter, und kommen, deiner überfliessenden Großmuth Dank zu erstatten. Das Ohr, der Geschmak, der Geruch und das Gefühl stehen befriedigt von deiner Tafel auf, diese hier kommen nun, deinen Augen einen Schmaus zu geben.

Timon. Sie sind alle willkommen; laßt ihnen freundlich begegnet werden; laßt Musik ihren Willkomm machen.

Lucius. Ihr sehet, Milord, wie ausserordentlich ihr geliebt werdet.

Apemanthus. Heyda! Was für ein Geschweif von Eitelkeit zieht daher! Sie tanzen, sie sind dem Tollhaus entloffen, glaub' ich.*

{ed.-* Apemanthus fährt hier im Original in etlichen Zeilen fort, über die Weltfreuden und die Schmeichler loszuziehen; es ist aber, ungeachtet der Bemühung des Hrn. Warbürton, so wenig Zusammenhang in dieser corrupten Rede, daß man sie lieber gar weggelassen; da es ohnehin weiter nichts als eine ganz alltägliche Capucinade ist, an der man wenig verliehrt.}

(Nach geendigtem Tanz stehen die Gäste von der Tafel auf, und machen dem Timon eine Menge feyrlicher Ehrenbezeugungen: Ein jeder ließt sich sodann eine Amazonin aus, und so tanzen sie paarweise einen oder Zween muntre Tänze, und hören auf.)

Timon. Meine schönen Damen, ihr habt unserer Lustbarkeit einen Reiz gegeben, ohne den sie nicht halb so schön und anmuthig war. Eure Gegenwart hat ihr erst einen Werth und lebhaften Glanz gegeben, und das Vergnügen vollkommen gemacht, das ich meinen Gästen zu verschaffen gewünscht habe. Ich bin euch sehr dafür verbunden.

Lucius. Milord, ihr nehmt sie uns gerade wie es am besten gegangen wäre.

Timon. Mesdames, es ist hier in dem Nebenzimmer eine kleine Tafel für euch gedekt. Nehmet einige Erfrischungen, wenn es euch beliebt.

Alle Frauenzimmer. Mit vielem Dank, Milord.

(Sie gehen ab.)

Timon. Flavius--

Flavius. Gnädiger Herr--

Timon. Bringt mir

William Shakespeare
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