Timon. Du sahst sie, wie ich im Wohlstand saß.
Alcibiades. Ich seh sie izt, damals war eine glükliche Zeit.
Timon. Wie die deinige izt ist, zwischen einem Paar Mezen.
Timandra. Ist das der allgemeine Liebling von Athen, von dem die Welt so viel rühmliches sagte?
Timon. Bist du Timandra?
Timandra. Ja.
Timon. Bleib immer eine Hure; die lieben dich nicht, die dich gebrauchen; häng ihnen Krankheiten an, wenn sie ihre Lust mit dir gebüßt haben; mach einen guten Gebrauch von deinen bittern Stunden, bringe die Sclaven zu Schwiz-Kästen und Bädern, bring die rosenwangichte Jugend zur Hunger-Cur*, und zur Diät.
{ed.-* (Tub-Fast), (Tonne-Fasten) im Englischen. Der Autor zielt auf die Venerische Seuche und ihre Würkungen. Die Cur derselben wurde in damaligen Zeiten entweder durch (Guaiacum), oder Mercurialische Salben gemacht; und in beyden Fällen wurde der Patient sehr warm und eingesperrt gehalten; das erste, damit der Schweiß befördert werde; und das andre, damit er sich nicht wieder erkälte, welches gefährlich war. Das Regimen beym Gebrauch des (Guaiacum), oder (Lignum Sanctum) (sagt Dr. Friend in seiner Geschichte der Arzney- Kunst, 2. Theil, S. 380.) war anfangs mit ausserordentlichen Umständen begleitet, und so strenge, daß der Patient in ein enges dunkles Loch gesperrt wurde, damit er desto besser schwizen möchte; und durch diese Veranstaltung wurde, wie sich Fallopius ausdrukt, der ganze Mensch bis auf die Knochen selbst durchgebeizt. Wisemann sagt, in England habe man sich zu diesem Zwek, anstatt der anderwärts üblichen Keller, Bak-Ofen, u. d. gl. einer Tonne bedient. Was die Unction betrift, so wurde sie zuweilen sieben und dreyßig Tage fortgesezt, wie er S. 375. bemerkt, und während dieser ganzen Zeit war eine ausserordentliche Abstinenz nothwendig. Daher dann das Wort (Tub-Fast.) Warbürton. ** Ein Provinzial-Wort für das Englische (Slut), für welches dem Uebersezer kein hochdeutsches Wort bekannt ist.}
Timandra. An den Galgen, du Ungeheuer.
Alcibiades. Vergieb, meine liebe Timandra, seine Wiederwärtigkeiten haben seinen Verstand überwältiget. Ich habe nur wenig Geld übrig, wakrer Timon, und der Mangel daran verursacht täglichen Aufruhr unter meiner abgemergelten Kriegs-Schaar. Ich hörte mit Bekümmerniß, wie das verfluchte Athen, deiner Verdienste uneingedenk, und undankbarlich der Zeit vergessend, da sie ohne dein Schwerdt und deine Reichthümer, von ihren Nachbarn mit Füssen zertreten worden wären --
Timon. Ich bitte dich, laß deine Trummel rühren, und geh' deines Wegs.
Alcibiades. Ich bin dein Freund, und habe Mitleiden mit dir, mein liebster Timon.
Timon. Wie kanst du Mitleiden mit dem haben, den du beunruhigest; ich wollte lieber allein seyn.
Alcibiades. Nun, so fahr wohl; hier hast du Gold.
Timon. Behalt es, ich kan es nicht essen.
Alcibiades. Wenn ich das stolze Athen in einen Steinhauffen umgekehrt habe --
Timon. Ziehst du gegen Athen?
Alcibiades. Ja, Timon, und aus einer gerechten Ursache.
Timon. Die Götter verderben sie alle durch deine Hand, und wenn du sie vernichtet hast, dich auch!
Alcibiades. Warum mich, Timon?
Timon. Weil du gebohren wardst, durch Ermordung von Bösewichtern mein Vaterland zu Grunde zu richten. Ließ dein Gold wieder auf. Geh weiter, hier ist noch mehr Gold, geh; sey wie eine Planetarische Seuche, wenn Jupiter über irgendeine lastervolle Stadt sein Gift in die sieche Luft aushängt; laß dein Schwerdt nicht einen einzigen überspringen; schone dem ehrwürdigen Greis nicht um seines weissen Barts willen, er ist ein Wucherer; schlage die Ehefrau nieder, ihr Kleid allein ist ehrlich, sie ist eine Kupplerin. Laß nicht die jungfräuliche Wange dein schneidendes Schwerdt stumpf machen; schone dieses milchweissen Busens nicht, der unter dem gläsernen Flor zu den Augen der Männer emporschwillt, er ist ein schändlicher Verräther. Schone nicht des Säuglings, dessen kindisches Lächeln Narren zur Erbarmung zwingt; denk es ist ein Bastard, von dem ein dunkles Orakel vorhergesagt hat, daß er dir die Kehle abschneiden soll, und zerhak' ihn ohne Bedenklichkeit.