Was ihr wollt

Page 05

Olivia. Nun, wer ist er denn?

Sir Tobias. Er kan meinethalb der Teufel selber seyn, wenn er will, was bek�mmert mich's; glaubt mir was ich sage. Gut, es ist all eins.

(Er geht ab.)

Olivia. Wem ist ein berauschter Mann gleich, Narr?

Narr. Einem Narren, einem Ertrunknen und einem Rasenden. Das erste Glas �ber das was genug ist macht ihn n�rrisch; das zweyte macht ihn rasend; und das dritte ertr�nkt ihn gar.

Olivia. So kanst du nur gehen und ein (visum repertum) �ber meinen �hm machen lassen; er ist w�rklich im dritten Grade der Trunkenheit; er ist ertrunken; geh, sieh zu ihm.

Narr. Er ist dermalen erst toll, Madonna, und der Narr wird gehn und zu dem Tollh�usler sehen.

(Er geht ab.)

(Malvolio zu den Vorigen.)

Malvolio. Gn�dige Frau, der junge Bursche schw�rt, da� er mit euch reden wolle. Ich sagte ihm, ihr bef�ndet euch nicht wohl; er antwortet, so komme er eben recht, denn er habe ein vortrefliches Arcanum gegen dergleichen Unp��lichkeiten. Ich sagte ihm, ihr schliefet, aber es scheint er habe das auch vorher gewu�t, und will de�wegen mit euch sprechen. Was soll man ihm sagen, Gn�dige Frau? Er will sich schlechterdings nicht abweisen lassen.

Olivia. Sagt ihm, er solle mich nicht zu sprechen kriegen.

Malvolio. Das hat man ihm gesagt; und seine Antwort ist, er wolle vor eurer Pforte stehen bleiben wie eine S�ule, er wolle das Fu�gestell zu einer Bank abgeben; aber er wolle mit euch sprechen.

Olivia. Von was f�r einer Gattung Menschen-Kindern ist er?

Malvolio. Wie, von der m�nnlichen.

Olivia. Aber was f�r eine Art von einem Mann?

Malvolio. Von einer sehr unartigen; er will mit euch reden, ihr m�gt wollen oder nicht.

Olivia. Wie sieht er aus, und wie alt mag er seyn?

Malvolio. Nicht alt genug, einen Mann und nicht jung genug, einen Knaben vorzustellen; mit einem Wort, ein Mittelding zwischen beyden, ein h�bsches, wohlgemachtes B�rschgen, und er spricht ziemlich nasenweise; man d�chte, er habe noch was von seiner Mutter Milch im Leibe.

Olivia. La�t ihn kommen; ruft mir mein M�dchen.

Malvolio. Jungfer, die Gn�dige Frau ruft.

(Er geht ab.)

Neunte Scene. (Maria tritt auf.)

Olivia. Gieb mir meinen Schleyer: Komm, zieh ihn �ber mein Gesicht: Wir wollen doch noch einmal h�ren, was Orsino's Gesandtschaft anzubringen haben wird. (Viola zu den Vorigen.)

Viola. Wo ist die Gn�dige Frau von diesem Hause?

Olivia. Redet mit mir, ich will f�r sie antworten; was wollt ihr?

Viola. Allergl�nzendste, auserlesenste und unvergleichlichste Sch�nheit-- ich bitte euch, sagt mir, ob das die Frau vom Hause ist, denn ich sah sie noch niemals. Es w�re mir leid, wenn ich meine Rede umsonst gehalten h�tte; denn ausserdem da� sie �ber die maassen wol gesezt ist, so hab ich mir grosse M�he gegeben, sie auswendig zu lernen. Meine Sch�nen, eine deutliche Antwort; ich bin sehr kurz angebunden, wenn mir nur im geringsten mi�beliebig begegnet wird.

Olivia. Woher kommt ihr, mein Herr?

Viola. Ich kan nicht viel mehr sagen als ich studiert habe und diese Frage ist nicht in meiner Rolle. Mein gutes junges Frauenzimmer, gebt mir hinl�ngliche Versicherung da� ihr die Frau von diesem Hause seyd, damit ich in meiner Rede fortfahren kan.

Olivia. Seyd ihr ein Com�diant?

Viola. Nein, vom innersten meines Herzens wegzureden; und doch schw�r' ich bey den Klauen der Bosheit, ich bin nicht was ich vorstelle. Seyd ihr die Frau vom Hause?

Olivia. Wenn ich mich selbst nicht usurpiere, so bin ich's.

Viola. Unfehlbar, wenn ihr sie seyd, usurpiert ihr euch selbst; denn was euer ist um es wegzugeben, das k�mmt euch nicht zu, f�r euch selbst zur�k zu behalten; doch das ist aus meiner Commi�ion. Ich will den Eingang meiner Rede mit euerm Lobe machen, und euch dann das Herz meines Auftrags entdeken.

Olivia. Kommt nur gleich zur Hauptsache; ich schenke euch das Lob.

Viola. Desto schlimmer f�r mich; ich gab mir so viele M�h es zu studieren, und es ist so poetisch!

Olivia. Desto mehr ist zu vermuthen, da� es �bertrieben und voller Dichtung ist.

William Shakespeare
Classic Literature Library

All Pages of This Book