Celia. Nicht doch, Muhme. Sei nur getrost! Weißt du nicht, daß der Herzog Mich, seine Tochter, hat verbannt?
Rosalinde. Das nicht.
Celia. Das nicht? So fehlt die Liebe Rosalinden, Die dich belehrt, daß du und ich nur eins. Soll man uns trennen? Solln wir scheiden, Süße? Nein, mag mein Vater andre Erben suchen. Ersinne nur mit mir, wie wir entfliehn, Wohin wir gehn und was wir mit uns nehmen; Und suche nicht, die Last auf dich zu ziehn, Dein Leid zu tragen und mich auszuschließen. Bei diesem Himmel, bleich von unserm Gram, Sag, was du willst, ich gehe doch mit dir.
Rosalinde. Wohl! wohin gehn wir?
Celia. Zu meinem Oheim im Ardenner Wald.
Rosalinde. Doch ach, was für Gefahr wird es uns bringen, So weit zu reisen, Mädchen wie wir sind? Schönheit lockt Diebe schneller noch als Gold.
Celia. Ich stecke mich in arme, niedre Kleidung Und streiche mein Gesicht mit Ocker an; Tu ebendas, so ziehn wir unsern Weg Und reizen keine Räuber.
Rosalinde. Wär's nicht besser, Weil ich von mehr doch als gemeinem Wuchs, Daß ich mich trüge völlig wie ein Mann? Den schmucken kurzen Säbel an der Hüfte Den Jagdspieß in der Hand, und--läg im Herzen Auch noch so viele Weiberfurcht versteckt-- Wir sähen kriegerisch und prahlend drein, Wie manche andre Männermemmen auch, Die mit dem Ansehn es zu zwingen wissen.
Celia. Wie willst du heißen, wenn du nun ein Mann bist?
Rosalinde. Nicht schlechter als der Page Jupiters; Denk also dran, mich Ganymed zu nennen. Doch wie willst du genannt sein?
Celia. Nach etwas, das auf meinen Zustand paßt: Nicht länger Celia, sondern Aliena.
Rosalinde. Wie, Muhme, wenn von Eures Vaters Hof Wir nun den Schalksnarrn wegzustehlen suchten, Wär er uns nicht ein Trost auf unsrer Reise?
Celia. Oh, der geht mit mir in die weite Welt, Um den laß mich nur werben. Laß uns gehn Und unsern Schmuck und Kostbarkeiten sammeln, Die beste Zeit und sichern Weg bedenken Vor der Verfolgung, die nach meiner Flucht Wird angestellt. So ziehn wir denn in Frieden, Denn Freiheit ist uns, nicht der Bann beschieden.
(Ab.)
Zweiter Aufzug
Erste Szene
Der Ardenner Wald
(Der Herzog, Amiens und andre Edelleute in Jägerkleidung)
Herzog. Nun, meine Brüder und des Banns Genossen, Macht nicht Gewohnheit süßer dieses Leben Als das gemalten Pomps? Sind diese Wälder Nicht sorgenfreier als der falsche Hof? Wir fühlen hier die Buße Adams nur, Der Jahrszeit Wechsel; so den eisgen Zahn Und böses Schelten von des Winters Sturm; Doch, wenn er beißt und auf den Leib mir bläst, Bis ich vor Kälte schaudre, sag ich lächelnd: "Dies ist nicht Schmeichelei; Ratgeber sind's, Die fühlbar mir bezeugen, wer ich bin." Süß ist die Frucht der Widerwärtigkeit, Die gleich der Kröte, häßlich und voll Gift, Ein köstliches Juwel im Haupte trägt. Dies unser Leben, vom Getümmel frei, Gibt Bäumen Zungen, findet Schrift im Bach, In Steinen Lehre, Gutes überall.
Amiens. Ich tauscht es selbst nicht; glücklich ist Eur Hoheit, Die auszulegen weiß des Schicksals Härte In solchem ruhigen und milden Sinn.
Herzog. Kommt, wolln wir gehen und uns Wildbret töten? Doch schmerzt's, daß wir den armen fleckgen Narren, Die Bürger sind in dieser öden Stadt, Auf eignem Grund mit hakgen Spitzen blutig Die runden Hüften reißen.
Erster Edelmann. Ja, mein Fürst, Den melancholschen Jacques kränkt dieses sehr; Er schwört, daß Ihr auf diesem Weg mehr Unrecht Als Euer Bruder übt, der Euch verbannt. Heut schlüpften ich und Amiens hinter ihn, Als er sich hingestreckt an einer Eiche, Wovon die alte Wurzel in den Bach Hineinragt, der da braust den Wald entlang; Es kam dahin ein arm verschüchtert Wild, Das von des Jägers Pfeil beschädigt war, Um auszuschmachten; und gewiß, mein Fürst, Das arme Tier stieß solche Seufzer aus, Daß jedesmal sein ledern Kleid sich dehnte Zum Bersten fast, und dicke runde Tränen Längs der unschuldgen Nase liefen kläglich Einander nach; und der behaarte Narr, Genau bemerkt vom melancholschen Jacques, Stand so am letzten Rand des schnellen Bachs, Mit Tränen ihn vermehrend.